Tipps für bessere Urlaubsfotos Teil 7 – Clippinganzeige
(Überarbeitet Juli 2024) Um das soeben aufgenommene Foto direkt kontrollieren zu können, ist das Display der Kamera für den Digitalfotografen ein unersetzliches Hilfsmittel.
Man kann damit schon sehr gut die Bildkomposition, also vor allem den Ausschnitt und die Position der Bildinhalte zueinander erkennen. Und auch die Schärfe der Abbildung lässt sich mit etwas Zoomen meist ganz passabel einschätzen.
Aber es gibt auch Schattenseiten. Die sich gerade auch im Sonnenlicht zeigen. (Und wer hat nicht gerne Sonne im Urlaub?)
Wenn dann nicht nur die schöne Landschaft, sondern auch das Kameradisplay von der Sonne beleuchtet wird, kann ich die Helligkeit und den Kontrast des Fotos nicht gut erkennen.
Und wenn ich mich dann anders hinstelle oder mit der Hand das Display vor Sonnenlicht abschirme, dann spiegelt sich mein helles T-Shirt. Oder die Hausfassade hinter mir, oder …
Doch zum Glück gibt es in vielen Kameras Hilfsmittel um die Belichtung trotzdem beurteilen zu können. In solchen Fällen leistet mir vor allem die “Clippinganzeige” (Übersteuerungsanzeige) gute Dienste.
Auch an vielen Smartphones kannst Du dies Hilfsmittel nutzen, deshalb ist dieses eher technische Thema auch bei reiner Smartphone-Fotografie wichtig. (Evtl. benötigst Du dazu aber eine spezielle App.)
Von den Kameraherstellern wird diese wichtige Funktion in den Bedienungsanleitungen und Kameramenüs leider ganz unterschiedlich bezeichnet: „Überbelichtungswarnung„, „Lichter„, „Markieren„, „High Licht und Schatten„, „Spitzlichter„, usw. Mit diesen vielen verschiedenen Begriffen ist aber immer dasselbe gemeint.
Das macht es schwierig, die Einstellung in der Bedienungsanleitung oder im Kameramenü zu finden. Oft befindet sie sich in der Nähe der Aktivierungen und Einstellungen für zusätzliche Displayanzeigen wie Histogramm und Gitterlinien etc.
Aber was hat es mit dieser Anzeige nun überhaupt auf sich?
Ohne Clippinganzeige
Fotos werden trotz oder gar wegen der Möglichkeit der Kontrolle auf dem Displays manchmal falsch belichtet. Die sofortige Bildkontrolle ist zwar gerade für Einsteiger ein großer Vorteil der Digitalfotografie.
Zu analogen Zeiten musste man ja oft lange warten, bis man das entwickelte und „abgezogene“ Bild sehen und beurteilen konnte. Besonders für Fotoneulinge war das nicht gut, das Lernen dauerte dadurch oft sehr lange.
(Und da damals die Fotolabore — auch die auf massenhaften Durchsatz ausgerichteten —die Vergrößerungen, auch massiv fehlbelichtete, zu retten versuchten, war es schwer, die Fehler zu erkennen und darum zu lernen. Mehr dazu unter: Analoge Bildbearbeitung. )
Leider lässt sich die Belichtung auf dem Display der Kamera in manchen Situationen (wie schon beschrieben) nur schlecht erkennen. Gerade in hellem Umfeld wirken die Aufnahmen dann oft sehr dunkel.
Wenn Du dadurch in die Irre geleitet wirst und glaubst, korrigierend eingreifen zu müssen (wie das prinzipiell geht, steht im Tipp zur Belichtungskorrektur ), dann werden die Bilder dadurch evtl. zu hell. Und dieses „zu hell“ ist schlecht, es kann recht schell zu großen Problemen mit hellen Bildbereichen führen.
Welche Probleme sind das?
Wenn ein Bild nur ein wenig zu hell wird, kann man es nachträglich in der Ausarbeitung (speziell wenn das Bild als digitales Negativ, als RAW, gespeichert wird) in der Regel problemlos wieder abdunkeln. (Lies dazu auch: Welche Vorteile bietet RAW?)
Falls aber durch eine zu intensive Belichtung bildwichtige Bereiche, die eigentlich noch Zeichnung und Struktur zeigen sollten, im strukturlosen reinen Weiß verschwinden, ist das sehr ärgerlich.
Denn diese strukturlos weißen Flächen bleiben auch dann ohne Zeichnung, wenn man sie später dunkler macht. Sie werden dann eben strukturlos dunkler, aus Weiß wird Grau. (Oder, auf Wunsch, auch Rot, Grün, …, wird aber meist auch nicht schöner).
Die Struktur der Oberfläche der betroffenen Bereiche bleibt dann aber trotz der Abdunklung verschwunden.
Die hellsten Abstufungen zum reinen Weiß werden bei zu reichlicher Belichtung beschnitten, im Englischen spricht man dann meist vom „Clipping“. Im Deutschen wäre „Übersteuern“ eine passende Übersetzung.
Es mag an der Fachkenntnis der Übersetzer liegen, dass oft aus der Hin- und Her-Übersetzung aus dem Japanischen ins Englische ins Deutsche entstandene „Phantasienamen“ verwendet werden.
Irreführende Bezeichnungen
Leider werden für die Clippinganzeige sogar Namen verwendet, die in die Irre führen. Bei einigen Kameras wird z.B. der Begriff „Überbelichtung“ verwendet. Wenn aber ein Bilddetail, das mich beim Betrachten des Motivs blendet (eine Lichtquelle wie die Sonne z.B.) , im Bild reinweiß wird, ist das in der Regel eben kein Zeichen für eine Überbelichtung.
Das gilt auch für Reflexionen einer Lichtquelle, z.B.der Sonne auf Lack oder Chrom oder anderen glänzenden Materialien.
Die Bezeichnung „überbelichtet“ für solche Bereiche ist schlicht falsch!
Weißwarnung
Da man die tatsächliche Helligkeit solcher Flächen nur schlecht auf dem Kameradisplay beurteilen kann, gibt es bei vielen Kameras eine spezielle Anzeigefunktion, die die rein weißen Bereiche im Bild sehr deutlich sichtbar macht. Mit dieser „Clippinganzeige„-Einstellung kannst Du die Auswirkung der Belichtung (und Deiner Korrektur) und die vom Clipping betroffenen Bereiche viel besser beurteilen.
Fast immer werden dazu die rein weißen Bildbereiche abwechselnd schwarz und weiß blinkend dargestellt, bei machen Kameras werden sie auch rot (blinkend) markiert. Einige Hersteller verwenden (zumindest in der LIve-Ansicht der Kameras) alternativ ein Zebramuster aus dunklen und hellen Linien (u.a. machen das Sony und Panasonic).
Wenn Du solche Markierungen im Bild siehst, musst Du Dir überlegen, ob die Details der davon betroffenen Bereiche unwichtig sind und ohne Zeichnung/Struktur bleiben dürfen.
Oder ob sie besser mit Zeichnung dargestellt werden sollten.
Falls es sich zum Beispiel um ein Brautkleid handelt, das auf einem Hochzeitsfoto so blinkend markiert wird, ist die Entscheidung einfach.
In dem Fall möchte man die Struktur der Oberfläche, in dem Fall die Stoffe und Verzierungen des Brautkleides, auf dem Bild erkennen können. Diese Details sollten eben nicht einfach zu einer (weißen) Fläche verschmelzen.
Wenn solche Bereiche durch das Blinken o.ä. als „clippend“ angezeigt werden, muss das Bild zur Korrektur knapper belichtet werden. In der Automatik wird es dazu mit einer Minus-Korrektur aufgenommen.
Diese Korrektur solltest Du auch dann machen, wenn das Bild anschliessend auf dem Display der Kamera etwas zu dunkel aussieht. Zur Not kannst Du später in der Ausarbeitung der Bilder in den Schatten noch ein wenig aufhellen.
Das geht meist recht gut, lass dich also von zu dunklen mittleren Helligkeiten nicht irritieren.
Ausprobieren
Wenn Du unsicher bist, probier es mit einer Belichtungsreihe mal aus. Am besten geht das vom Stativ, mit etwas Disziplin klappt es aber auch aus der Hand. Stell die Kamera auf JPEg und RAW, dann kannst Du auch testen, was von beiden zur Bearbeitung besser geeignet ist.
Ein Hinweis zur Blendensteuerung im manuellen Modus: Nicht alle Kameras haben mehrere Einstellräder. Wenn nur eines vorhanden ist, ist im manuellen Modus dieses Rad meist für die Belichtungszeit zuständig.
Viele Canon Kameras (DSLR und Spiegellose) besitzen einen Knopf auf der Kamerarückseite, dort steht dann ‹AV +/-›.
Bei Nikon und einigen anderen Herstellern haben die Kameras diesen Knopf neben dem Auslöser, bei Nikon ist neben diesem Knopf ein Symbol für die Blende abgebildet.
Um die Blendeneinstellung zu verändern, musst Du diesen Knopf gedrückt halten und am Einstellrad drehen.
Bei vielen Panasonic-Kameras (Lumix) muss man das Einstellrad „hinten oben rechts“ kurz eindrücken, um zwischen Einstellung der Belichtungszeit und der Blende zu wechseln.
Für die Belichtungsreihe machst Du manuell (und das heißt, daß auch Auto-ISO deaktiviert sein muss) eine erste Belichtung bei ISO 100 oder 200 mit ganz geschlossener Blende (also hoher Blendenzahl, f22 zum Beispiel) und einer sehr kurzen Belichtungszeit.
1/2000 sollte reiche. Falls es so hell ist, dass das Bild dann immer noch nicht vollständig schwarz ist, nimm eine noch kürzere Zeit.
Danach machst Du eine weitere Aufnahme, für die Du die Blende um eine volle Stufe öffnest, damit doppelt soviel Licht auf den Sensor kommt. (Das sind an den allermeisten Kameras drei Klicks mit dem Einstellrad, von z.B. Blende 22 kämst Du so zur Blende 16.)
Nach dieser Belichtung machst Du weitere Aufnahmen mit immer weiter geöffneter Blende, jedesmal um eine volle Stufe, also drei Klicks.
Je nach Objektiv kommst Du früher oder später an die Grenze der Blendenwerte. Wenn sich die Blende nicht mehr um drei volle Klicks öffnen lässt, bleibst Du einfach beim letzten verwendeten Wert.
Nun verlängerst Du für die folgenden Belichtungen die Zeit auf den jeweils doppelten Wert. Das sind meist auch drei Klicks. Jetzt aber nicht mit dem Blendenrad, sondern mit dem Zeitenrad (oder dem zusätzlich gedrückten „Umschaltknopf“).
Aus 1/2000 wird 1/1000, Aufnahme!.
Dann kommt eine Belichtung mit 1/500, dann 1/250.
Und so weiter, bis Du (vermutlich irgendwo bei 1/2 Sekunde) ein ganz weißes Bild erhältst.
Mit den so entstanden Aufnahmen kannst Du dann im RAW-Konverter — ich verwende Lightroom Classic(*)) — experimentieren, wie weit Belichtungen abweichen dürfen, ohne das bei der Bearbeitung größere Probleme zu erwarten sind.
Im Gegensatz zur ursprünglichen reichlicheren Belichtung hast Du durch die dunklere Version einen wichtigen Vorteil.
Das spätere Aufhellen in der Software kann man so durchführen, dass die Struktur bzw. Zeichnung in den hellen Bereichen erhalten bleibt, die durch eine stärkere Belichtung dagegen verloren gegangen wäre.
Das ist einer der Gründe, weshalb der vor allem von Amateuren immer wieder zu lesende Spruch „Wer seine Bilder bearbeiten muss, kann nicht richtig belichten!“ ein ziemlicher Unsinn ist. (Ich habe dazu einen Artikel und einen kleinen Film gemacht.)
Um welche Strukturen geht es?
Schlussendlich kannst nur Du entscheiden, welche Bereiche in Deinem Bild wichtig sind. Aber z.B. die helle Fassade eines Gebäudes, das helle Oberhemd des Kellners im Lieblingscafé oder die weiße Schönwetterwolke über dem Landschaftsmotiv sollten in den meisten Fällen Struktur und Zeichnung haben. Hier wäre eine Clippinganzeige also eine ernsthafte Warnung, das etwas falsch läuft.
Wenn dagegen nur ein Reflex der Sonne auf einem Fenster im Bildhintergrund oder der durch eine Blätterlücke durchscheinende Himmel rein weiß zu werden droht, ist das in der Regel kein Problem. Im Gegenteil, es ist oft sogar sinnvoll bzw. erwünscht. Da darf es dann auch ruhig blinken.
Zuletzt musst also Du entscheiden – oder einfach eine oder mehre zusätzliche Aufnahmen machen, bis Du genügend Erfahrung gesammelt hast, um die Situation richtig einzuschätzen zu können. Ist digital ja kein großes Problem.
Clippinganzeige anzeigen
Bei Spiegelreflexkameras lässt sich die Anzeige der weißen Bereiche prinzipbedingt nur nachträglich, bei der Betrachtung des bereits fotografierten Bildes, einsetzen.
Mit den Systemkameras (leider nicht bei allen Modellen) geht das dagegen schon während der Aufnahme, so dass man noch vor der Belichtung direkt korrigierend eingreifen kann.
Bei DSLRs dagegen muss man im Falle des Falles die Aufnahme mit angepassten Werten wiederholen.
Um zur Clippinganzeige zu gelangen reichte es früher bei vielen Kameras, einfach eine mit „Display“ oder „Info“ bezeichnete Taste an der Kamera ein- oder mehrfach zu drücken. Bei anderen Kameratypen (u.a. Nikon) musste man die Kreuzwippe auf der Rückseite nach links oder rechts (ältere Modelle) oder rauf oder runter bewegen.
Dadurch wechselte die Kamera bei jedem Druck in eine andere Anzeigevariante bis sie wieder zur Standardanzeige zurückkehrte. Unter diesen verschiedenen Displayversionen war dann auch die Clippinganzeige. Sie wird dann oft in Kombination mit einer Anzeige des Histogramms bei kleinerer Darstellung des Bildes angezeigt.
Mittlerweile wird die Clippinganzeige aber leider oft erst nutzbar, wenn man das vorher im Menü der Kamera zusätzlich explizit aktiviert.