Tipps für bessere Urlaubsfotos Teil 6 – welche Belichtungsautomatik

Pfähle am Strand

Welches Belichtungsprogramm soll ich wählen?

(Aktualisiert Juli 2023) Fotografieren lernen: Wer interessante Fotos machen möchte, braucht neben einem Gefühl für Gestaltung oft zusätzlich ein Quäntchen Fototechnik — auch wenn die Technik für die Gestaltung meist nicht ganz so wichtig ist wie ein „gutes Auge“.

Um diese eher handwerkliche Seite der Fotografie sinnvoll einsetzen zu können, solltest Du ein paar Einstellungen an Deiner Kamera kennenlernen.
Eine besonders wichtige Rolle spielen dabei natürlich die Einstellungen zur Belichtung.

Viele Einsteiger fotografieren standardmäßig mit der Vollautomatik (als Symbol wird dafür oft ein grünes Rechteck oder eine grüne oder rote Kamera verwendet).
Diese Vollautomatik erhält gelegentlich auch Phantasienamen wie „überlegene Automatik“ oder „intelligente Automatik“ (iA) und dieser Name wird dann manchmal auch noch durch ein oder mehrere „+“ erweitert. Der Phantasie der Hersteller sind da scheinbar keine Grenzen gesetzt.

Die Angaben über diese Automatiken und ihre Unterschiede sind oft nicht sehr erhellend „(jetzt noch automatischer!“) das wenige liest sich ganz toll und oft sind die Fotos dann auch nicht wirklich schlecht. Aber vermutlich noch öfter sind sie auch nicht so ganz so toll, wie sie sein könnten.
Was kann man tun?
Zuerst mal ein wenig zu den Unterschieden.
Die Vollautomatiken versetzen die Kameras quasi in eine Art abgesicherten Modus, in dem mehr oder weniger alle Benutzereingaben geblockt sind. Du darfst dann eigentlich nur noch auslösen (und zoomen).

Ganz ähnlich ist es mit den Szenenprogrammen (Portrait / Sport / Landschaft / Nachtmodus / etc., meist durch Symbole auf dem Wahlrad der Kamera dargestellt) bei denen Deine Kamera im Prinzip auch macht, was sie(!) will. Benutzereingaben werden dabei weitestgehend abgeblockt.
Deine Kamera entscheidet dann selbständig, wie zuerst fokussiert wird, dann das Motiv erfasst wird und anschliessend das Aufnahmematerial vom Prozessor der Kamera zu einem Bild interpretiert wird.

Interpretieren?

Erst aufzeichnen …

Deine Digitalkamera besteht im Grunde aus zwei Geräten. Zuerst wird von der Kamera das Motiv erfasst, der Sensor sieht mit seinen Millionen von lichtempfindlichen Messzellen ebenso viele einzelne Bereiche (also ziemlich kleine „Punkte“) Deines Motivs. Die Anzahl der erfassten Bildpunkte entspricht dabei der Menge an Pixeln Deiner Kamera 24 Megapixle sind 24.000.00 Bildpunkte.
Die lichtempfindlichen Zellen reagieren wie Solarzellen auf das auftreffende Licht und geben einen elektrischen Impuls ab. Dieser kann stark oder schwach sein, je nach der auf diesen Pixelpunkt auftreffenden Lichtmenge.
Anschließend wird in der Kamera die Intensität des elektrischen Impulses einer jeden Zelle gemessen und die ermittelten Zahlenwerte werden gespeichert.
So entsteht eine Art „Exceltabelle“ mit Millionen von Zahlenwerten. Der fotografische Teil der Aufnahme ist mit dem Entstehen der Tabelle abgeschlossen, sie ist quasi das, was früher das Negativ war.

… dann interpretieren

Doch (fast) niemand hat sich früher die Negative ins Album geklebt und so wird auch kaum jemand sich heutzutage eine solche Tabelle an die Wand hängen wollen. Das Ziel ist ein Bild.
Und das kann man aus der Exceltabelle erzeugen, indem man die Messergebnisse interpretiert. Diese Interpretation übernimmt der Computerteil in Deiner Kamera. Er macht das durch eine Art „Malen nach Zahlen“

Ein hoher Zahlenwert in einer Zelle bedeutet ja, das von dem zu dieser Tabellenzelle gehörenden Punkt im Motiv bei der Aufnahme viel Licht kam und so ein stärkerer elektrischer Impuls gemessen wurde — dieses Pixel im Bild wird nun als hell angesehen und wiedergegeben.
Niedrigere Zahlenwerte stehen für weniger starke Impulse, also weniger Licht, und sorgen so für eine dunklere Wiedergabe.
Wie hell oder dunkel ein Bildpunkt tatsächlich wird, ist dabei von verschiedenen Faktoren, u.a auch den ihn umgebenden Punkten abhängig.

Und die Farbe?

Da vermutlich am meisten bunte Bilder gewünscht werden, muß auch noch die Farbe ins Spiel kommen. Die einzelnen Pixel sind im Prinzip farbenblind, doch mit einem Trick (der schon In den frühen analogen Jahren der Fotografie ganz ähnlich verwendet wurde) kann man trotzdem Farbfotos erzeugen.
Jede Pixel erhält einen Farbfilter in einer der drei Grundfarben Rot, Grün und Blau. Damit weiß man die Helligkeit dieser Farbe an dem von diesem Pixel gesehenen Bereich im Motiv.
Wenn man nun die Messwerte der benachbarten und zum Teil anders gefilterten Punkte mit berücksichtigt, kann man einigermassen gut die Farben „erraten“.

Letzten Endes ist es eine Frage der Interpretation der Zahlenwerte, wie sich Hell und Dunkel und die Farben im Bild verteilen.

Warum nicht vollautomatisch?

Und jetzt?

Solange die Ergebnisse der Automatik stimmen, ist gar nichts gegen sie zu sagen, man kann sie dann ruhig einsetzen. Man muss sich das Leben ja nicht schwerer machen als nötig.

Und dem späteren Bild ist es auch völlig egal, ob „Blende 11 und 1/125stel bei ISO100 von der Automatik oder vom Menschen eingestellt wurden.

Aber wenn die Ergebnisse nicht so sind, wie erhofft, solltest Du wissen, an welchen Knöpfen Du dann drehen kannst/musst.

Bei vielen Kameramodellen ist auch in der Vollautomatik und den Szenenprogrammen zumindest die Einflussmöglichkeit auf die Belichtung — wenn auch etwas eingeschränkt — möglich. Dazu kannst Du dann die Belichtungskorrektur verwenden. (Siehe Teil 3 dieser Tipps, da geht es um u.a. um die Belichtungskorrektur.)

Aber die Ergebnisse der Vollautomatik bzw. Szenenprogramme sind sowohl in Bezug auf die Gestaltung durch die Aufnahmetechnik (mehr dazu folgt gleich) als auch in Bezug auf die Art der „Interpretation“ des digitalen Negativs in der Regel sehr stark auf den „Massengeschmack“ abgestimmt.
Und der kann in dem besonderen Fall Deines speziellen Motivs evtl. völlig falsch liegen.

Was ist das passende Belichtungsprogramm?

Nimm zur Beeinflussung der Gestaltung besser nicht eine der oben angeführten „Vollautomatiken“, sondern wechsle auf eine der anderen Einstellmöglichkeiten. Viele Kameras weisen auch die sogenannten „Halbautomatiken“ oder „Kreativprogramme“ auf. Hier wird dann meist nur noch die Belichtung automatisch gesteuert.

Was wird noch automatisiert?

Neben der reinen Belichtungsautomatik, die die Einstellung von Blende und/oder Belichtungszeit (sowie evtl. die Empfindlichkeit der Kamera) steuert, gibt es noch andere Automatismen, die in den Szenenprogrammen und der Vollautomatik aktiv sind.

Von der Umstellung der Arbeitsweise des Autofokus (AF-S bzw. „OneShot“ oder AF-C bzw. „AF Servo“) und der Einstellung der Bildfolge (Einzelbild/Serienbild) bis hin zur Interpretation der Bilddaten wird hier vieles zusätzlich beeinflusst.

Illustration zu "Szenenprogramme"

Szeneporgramme mit den typischen Icons. Hier wird der Sportmodus durch eine Läufer symbolisiert.

Sport
In erster Linie steuert das Szenenprogramm „Sport“ die Belichtungszeit, meist (immer?) werden kurze Belichtunsgzeiten bevorzugt, um Bewegung einzufrieren, bewusst „Mitzieher“ werden dann schwierig. (siehe auch: Tipps für bessere Urlaubsfotos Teil 5 – Belichtungszeit)

Darüber hinaus werden bei „Sport“ aber oft auch andere Einstellungen angepasst:

  • Im Szenenprogramm „Sport“ wird bei vielen Kameras auch der Autofokus auf kontinuierlich (Servo, AF-C oder C) geschaltet, um sich nähernde oder entfernende Objekte zu verfolgen und in der Schärfe zu halten.
  • Die Schärfepriorität wird in dem Szenenprogramm deaktiviert, statt dessen wird die  Auslösepriorität gewählt —das bedeutet, dass Du auch dann auslösen kannst, wenn die Kamera glaubt, das das Bild nicht richtig scharf wird.
  • Der Serienbildmodus wird aktiviert um Bewegungsfolgen mit mehreren Bildern aufzeichnen zu können.
  • Und bei der Interpretation der Bilddaten des digitalen Negativs wird anscheinend manchmal auch stärker geschärft und eine höhere Sättigung und ein höherer Kontrast angesteuert.

Portrait
Ganz im Gegensatz dazu der Porträtmodus. Primär wird hier bei der Belichtung eine kleinere Blendenzahl vorgewählt — für eine kleinere Schärfentiefe. (Siehe auch  Tipps für bessere Urlaubsfotos Teil 4 – Bildgestaltung vereinfachen)
Das ist zwar wirklich nicht für jedes Porträt sinnvoll, wird heutzutage aber von vielen „Influencern“ vorgebetet und dann gerade auch von den Einsteigern so gewünscht.

  • Neben der Blende wird auch der Autofokus angepasst. Es wird AF-S bzw. S oder One Shot vorgewählt und die Schärfepriorität aktiviert. Auslösen ist der dann erst möglich, wenn die Kamera zumindest ein Motivdetail als scharf abgebildet erkennt.
  • Und in der Interpretation wird oft eher weniger geschärft und es werden geringere Werte für Sättigung und Kontrast angewendet.

Oft sind die in den verschiedenen Szenenprogrammen angepassten AF-, Bildfolge- und  Entwicklungseinstellungen für die jeweilige Motivgruppe auch sinnvoll.
Aber es gibt auch viele Fälle, bei den die Vorgaben nicht optimal sind. Bei Sport kann eine lange Belichtungszeit durch die „Wischer“ eine die Bewegungsdarstellung unterstützende Dynamik ins Bild bringen.
Und bei einem Porträt kann eine größere Schärfentiefe durchaus förderlich sein, Der Hintergrund des Bildes kann viel über die abgebildete Person aussagen: ist es ein Bücherregal oder eine Kletterwand?

Es ist also evtl. nicht optimal, die in den Szenenprogrammen getroffenen Einstellungen als allgemeinen Standard für Portrait oder Sport oder … anzuwenden.

Auch aus diesem Grund ist es also sinnvoll, sich mit den reinen Belichtungsautomatiken („Halbautomatiken“) zu beschäftigen. Bei ihnen arbeiten AF und Bildfolge wie von Dir vorgewählt und die Ausarbeitung der Bilder geschieht nach Standard oder nach den von Dir gewählten Interpretationsvorgaben.

Wenn Du mit RAW fotografierst, kannst Du diese Vorgaben natürlich später noch ohne Verluste nach Belieben ändern.

Halbautomatiken und manuelle Steuerung

Bei den gelegentlich so genannten „Halbautomatiken“ ist die Programmautomatik ein Sonderfall. In Bezug auf die Belichtung ist sie quasi eine Vollautomatik, denn die Kamera stellt die für die Belichtung wichtigen Werte von Blende und Belichtungszeit selber ein.
Die Blendenvorwahl (der Fotograf wählt die Blende vor und die Kamera steuert die Belichtungszeit – früher nannte man das Zeitautomatik) und  die Zeitvorwahl (der Fotograf wählt die Belichtungszeit vor und die Kamera steuert die Blende – früher nannte man diese Einstellung Blendenautomatik) sind dagegen die echten Halbautomatiken. (Manche bezeichnen sie auch als „Kreativprogramme“.)

Zusätzlich zu verschiedenen automatischen Einstellungen der Belichtung erlauben viele Fotoapparate noch eine Einstellung auf die komplett manuelle Eingabe der Belichtungswerte. Hier muss der Fotograf all drei Werte — Blende, Zeit und ISO — selber einstellen.

Der manuelle Modus wird mit „M“ gekennzeichnet, die Programmautomatik mit „P„. Für die Blendenvorwahl verwendet man in der Regel ein „A“ oder „Av„, stellvertretend für das im englischen gebräuchliche Wort „Aperture“ für die Blendenöffnung  oder „Aperturevalue“ für den Blendenwert.
Für die Zeitvorwahl gibt es sogar drei mögliche Abkürzungen: „S“, „T“ oder „Tv„, entsprechend Shutter (Verschluss) oder Time(-value).

Wann Blendenvorwahl, wann Zeitvorwahl?

Schärfentiefe zur Reduktion

Der Einfluss der Schärfentiefe auf die Bildwirkung

Mit der Wahl der Blende kannst Du die Schärfentiefe beeinflussen. Am dramatischsten geht das mit lichtstarken Objektiven, an denen Du die Blende weit öffnen kannst.

Kleine Blendenwerte (d.h. große Blendenöffnungen) sorgen für eine geringe Schärfentiefe mit großer Unschärfe vor und hinter dem fokussierten Bereich.
Große Blendenwerte (kleine Öffnungen) dagegen erzeugen eine große Ausdehnung der Schärfe in die Tiefe des Bildes.

Über die Schärfentiefe hast Du die Möglichkeit, die Aufmerksamkeit des Betrachters zu steuern. So kannst Du evtl. unerwünschte Details  im Hintergrund (und/oder Vordergrund) ausblenden.

Bei Portraitfotos wird gerne mit kleiner Schärfentiefe (also kleiner Blendenzahl) gespielt. Diese Wirkung ist bei kurzem Aufnahmeabstand und bei langen Brennweiten („rangezoomt“) deutlicher sichtbar.

Bei Landschaften dagegen sind viele oft froh, wenn die Schärfe sich bis in die Tiefe — gar bis zum Horizont — erstreckt, also mit großer Blendenzahl eine große Schärfentiefe erzeugt wird. (Wenn Du Dich dafür interessierst, ist sicher auch die „hyperfokale Distanz“ für Dich wichtig.)
Mehr und ausführliches zum Thema Schärfentiefe findest Du in meinem Fotolehrgang.)

Kurzer Einschub:
Es gibt natürlich bei Portraits auch Bildideen mit großer Schärfentiefe und manche Landschaftsfotos leben von kleiner Schärfentiefe. Manchmal ist es spannend, solche Vorgaben bewusst gegen den Strich zu bürsten.

Ganz egal für welche Art der Schärfentiefe Du Dich interessiert, in jedem Fall musst Du, um die Schärfentiefe zu steuern, die richtige Blende wählen. Aus diesem Grund ist dann die Blendenvorwahl (A/Av) das richtige Belichtungsprogramm (oder „M“).

Zeitvorwahl

1/1000 Sekunde Belichtungszeit

Kurze Belichtungszeit

1/15 Sekunde Belichtungszeit, Kamera „mitgezogen“

Lange Belichtungszeit

Bei bewegten Motiven dagegen kann es wichtig sein, dass die Bewegung entweder durch eine ausreichend kurze Belichtungszeit eingefroren oder durch eine entsprechend lange Zeit verwischt wird. In dem Zusammenhang wäre also die Zeitvorwahl (S/T/Tv) richtig (oder „M“).

Und was ist mit der Programmautomatik?

Meiner Meinung nach solltest Du um das Belichtungsprogramm „P“ eher einen Bogen machen!
Du gibst damit sonst die Entscheidung für eine bestimmte Blendenöffnung oder für eine bestimmte Belichtungszeit aus der Hand.  Mit P kannst Du weder die Ausdehnung der Schärfentiefe noch die Darstellung der Bewegung (verwischt/eingefroren) steuern.

Anm.:
Ja, ich weiß, einige Kameras erlauben es bei P, mittels eines „Overrides„, die Blende oder die Zeit zu beeinflussen. Aber das ist dann quasi von hinten durch die Brust ins Auge geschossen.
Ich mag es da lieber eindeutig und direkt! Wenn ich die Bewegungsdarstellung beeinflussen will, wähle ich die Zeitvorwahl, wenn ich die Schärfentiefe steuern will, die Blendenvorwahl.


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