Tipps für bessere Urlaubsfotos Teil 4 – Bildgestaltung vereinfachen

Aus den Tipps für bessere Urlaubsfotos: Schärfentiefe zur Reduktion

Kleine Schärfentiefe um Bilder zu vereinfachen

(Juni 2023 überarbeitet)
Schon zu Beginn des ersten Tipps dieser kleinen Fotografieren-lernen-Reihe habe ich darauf hingewiesen: es ist auch und gerade für Urlaubsfotos wichtig, ein Bild nicht zu chaotisch zu gestalten.
Oft ist es besser, sich auf einen einzelnen Hauptakteur zu beschränken. Diese Beschränkung kann dann aber auf ganz unterschiedliche Arten geschehen.
Du kannst zum Beispiel einen engeren Auschnitt wählen („ranzoomen“). Oder näher heran gehen — das ist erfahrungsgemäß oft besser.

Eine andere, wirklich schon klassische Methode für weniger Durcheinander im Bild ist der Einsatz geringer Schärfentiefe. (Mehr zur Schärfentiefe in meinem Fotolehrgang im Internet und hier im Blog.)

Nicht zu ernst nehmen! Es handelt sich bei diesen Tipps keinesfalls um Gesetze, die man nicht brechen darf. Es sind nur Hinweise, die auch tendenziell langweilige Bilder, deren Inhalt den Betrachter nicht von vornherein fesselt, „erträglich“ machen können. Ein Bild mit einem spannenden Inhalt, einer spannenden Idee, kann dagegen trotz (oder wegen) einer Missachtung dieser Ãœberlegungen ein tolles Bild ergeben. Je mehr man sich mit Gestaltung und Inhalt der eigenen (und fremder) Bilder auseinandersetzt, desto eher wird man in die Situation kommen, solche Hinweise nicht mehr zu benötigen oder auch bewusst missachten zu können. Solange man da noch nicht angekommen ist, kann es helfen, diese Hinweise bei der Planung/Gestaltung der eigenen Bilder zu berücksichtigen.

In oberen der beiden Beispielbilder stört der Hintergrund mit seinen vielen ablenkenden Details. Mit einer geringeren Schärfentiefe wie im unteren Bild kann man ihn aber einfach ausblenden. Das ist einer der vielen Wege um den Bildinhalt auf das wirklich Wichtige zu reduzieren und chaotisches Durcheinander zu vermeiden.

Blende auf für weniger Schärfentiefe

Wenn Du die Blende öffnest (dazu musst Du eine kleine Blendenzahl wählen) wird die Schärfentiefe geringer und der Hintergrund erscheint auf diese Art unschärfer. Wenn Du die Blende schließt (eine große Blendenzahl wählst), wächst dagegen die Schärfentiefe.
Die Eselsbrücke ist also recht einfach:

kleinere Blendenzahl ➤ kleinere Schärfentiefe
größere Blendenzahl ➤ größere Schärfentiefe

Um in Deinen Fotos die Schärfentiefe mit der Blende steuern zu können, kannst Du entweder mit manueller Belichtung fotografieren oder die Blendenvorwahl (‹A› oder ‹AV›) nutzen.
Die manuelle Belichtung erscheint den meisten Anfängern schwieriger und aufwendiger, ist aber nach etwas Ãœbung deutlich einfacher, zuverlässiger und vor allem schneller(!) als die Automatik. Wenn Du das etwas vertiefen willst, lies Dir meinen Artikel „Belichtungsautomatik? M-Modus?“ durch.

Kann man die Schärfentiefe nur mit der Blende beeinflussen?

Nein, die Schärfentiefe wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Die Sensorgröße, der Aufnahmeabstand, der Bildwinkel (durch die Brennweite gesteuert) und und die Blendenöffnung spielen dabei eine Rolle.
Und Du kannst Dir das auch recht einfach merken: großer Wert erzeugt große Schärfentiefe, klein erzeugt kleine Schärfentiefe, zumindest bei den meisten Vorgaben.

  • größerer  Aufnahmeabstand ➤ größere Schärfentiefe
  • kleinerer Aufnahmeabstand ➤ kleinere Schärfentiefe
  • größerer  Bildwinkel (Weitwinkel, ‚herauszoomen‘) ➤ größere Schärfentiefe
  • kleinere Bildwinkel (Tele, ‚heranzoomen‘) ➤ kleinere Schärfentiefe
  • größere Blendenzahl (kleine Blendenöffnung) ➤ größere Schärfentiefe
  • kleinere Blendenzahl (großeBlendenöffnung) ➤ kleinere Schärfentiefe

Leider umgekehrt ist es bei der Sensorgröße, da bedeutet:

  • Kleine Sensorgröße (meist Bridge- oder Kompaktkameras) ➤ große Schärfentiefe
  • Große Sensorgröße (meist DSLR, „Spiegelose System“- oder Vollformatkameras) ➤ kleine Schärfentiefe

In der Praxis steht Dir aber oft nur die Blende zum Steuern der Schärfentiefe zur Verfügung.
Warum?
Die Größe des Sensors kannst Du ja nicht beeinflussen, er ist fest eingebaut.
Und die Kombination von Aufnahmeabstand und Brennweite brauchst Du, um das für die Bildgestaltung ebenfalls sehr wichtige Größenverhältnis von Vorder- zu Hintergrund zu steuern. (Siehe Tipp2)
Zwar empfehlen meine „Erklärbär-Kollegen“ öfter, daß man die Schärfentiefe mit dem Aufnahmeabstand und der Brennweite steuern könnte, aber sie übersehen dabei leider, dass man dann nur noch sehr eingeschränkt Einfluss auf die räumliche Wirkung des Bildes nehmen kann. (Das Größenverhältnis von Vordergrund zu Hintergrund wird ja durch die Veränderung des Aufnahmeabstands ebenfalls beeinflusst.)

Weil die anderen Möglichkeiten also meistens bereits aus technischen oder gestalterischen Gründen vergeben sind, steht Dir zum Steuern der Ausdehnung der Schärfentiefe in vielen Fällen eigentlich nur noch die Blende zur Verfügung.

Aus dem Grund wird oft (etwas verkürzend) gesagt: „Die Blende steuert die Schärfentiefe.“


Du willst nicht alleine üben? - Dann komm zu mir!

Vor dem Urlaub solltest Du ein wenig üben, damit Du im Urlaub fit bist mit der Kamera. Alleine macht das aber keinen richtigen Spaß. Und wer hilft Dir, wenn es mal nicht wie geplant klappt? Willst Du dann für jede Frage wieder ein neues Youtube-Video suchen? Das muss doch besser gehen!

Und es geht auch besser: Komm in meinen Fotokurs!
Informationen und Anmeldung findest Du auf der Website zu meinen Fotokursen zu den Grundlagen der Fotografie, die ich an der Fotoschule-Ruhr.de anbiete.

Und wenn die Zeit für einen normalen Kurs nicht mehr reicht oder Du nur einige Fragen klären willst, kannst Du mich auch recht preiswert für ein individuelles Online-Coaching buchen.


Preiswerte Alternativen für wenig Schärfentiefe

Objektive mit hoher Lichtstärke, also der Möglichkeit, die Blende weit öffnen zu können (das wird durch eine kleine Blendenzahl angezeigt), lassen eine viel stärkere Unschärfe zu. Sie sind aber meist ziemlich teuer, dazu würde ich Dir nur raten, wenn Du so etwas unbedingt benötigst.

Eine erfreuliche Ausnahme bilden die Brennweiten um 50mm. Bei einigen Herstellern erhält man sie mit relativ großen Blendenöffnungen von 1.8 recht preiswert, zumindest für DSLRs.
Diese Objektive sind eine gute Kombination von Preis und Leistung und meine Empfehlung, wenn Du in die Welt der Fotografie mit geringer Schärfentiefe einsteigen willst.

50mm 1.8 bei Amazon(*) von
Canon (DSLR)
Yongnuo (für Canon DSLR)
Yongnuo (für Nikon DSLR)
Yongnuo (für Sony E-Mount)
Yongnuo (für Sony A-Mount)

(*) Wenn Du eines der Objektive über diese Links kaufst, erhalte ich eine kleine Provision, ohne das Du mehr bezahlen musst. Du kannst mich so also unterstützen, ohne dass es Dich etwas extra kostet. Ein klassisches Win_Win also. ;-)
Aber wenn Du einen netten Fotohändler hast oder das Objektiv woanders billiger bekommst, dann kauf ruhig da.

Die 50mm 1.8 Objektive, die speziell für die spiegellosen Kameras von Canon und Nikon gebaut sind, sind, im Verhältnis gesehen, deutlich teurer.
Eine Alternative können auch preiswert erhältliche gebrauchte Objektive aus der Zeit des manuellen Fokus an anlogen Kameras sein.
Dies kann man mit günstig erhältlichen Adaptern an den Kameras anbringen. Die Blende und die Entfernung müssen dann von Hand am Objektiv eingestellt werden — was kein Nachteil sein muss.

An den häufig verwendeten Kameras mit Sensoren im APS-C Format sind diese Brennweiten auch großartig für Portraits geeignet. Wenn Du das noch etwas vertiefen willst findest Du in meinem Blog weitere Informationen zu „Das richtige Objektiv für Portraits“ und zu „Warum wird so oft ein 50mm-Objektiv empfohlen?

Ohne Objektivwechsel (1)

Viele Zoomobjektive , gerade auch die oft gekauften „Kit-Zooms“, haben keine feste Blendenöffnung. Auf dem Objektiv findest Du dann verschiedene Angaben für die größtmögliche  Blendenöffnung, also die sogenannte Lichtstärke.
Neben dem Brennweitenbereich (z.B. „17-55“) steht dann häufig eine Angabe wie z.B: „3.5-5.6“.
Das ist oft oft vorne im Kreis um die Frontlinse eingraviert oder auf einem Ring rund um das Objektiv ablesbar.
Damit wird die größte einstellbare Blendenöffnung angezeigt. Bei Zoom zur kurzen Brennweite (17mm) kannst Du die Blende bis 3.5 öffnen, bei Zoom auf 55mm dagegen nur bis zum Wert 5.6.

Was ist jetzt effektiver für eine geringere Schärfentiefe?

Eine längere Brennweite? Aber dann kannst Du bei diesen Objektiven mit flexibler Lichtstärke Zooms die Blende nicht so weit öffnen, was wiederum was zu unerwünscht größerer Schärfentiefe führt.

Oder eine größere Blendenöffnung? Aber die erhältst Du nur, wenn  Du die Brennweite verkürzt. Was leider auch zu einem unerwünschterweise deutlich erkennbareren Hintergrund führt.

Didaktisch klug wäre jetzt meine Empfehlung: Probier es selber aus! (s.u.)
Kurzfassung ohne Ausprobieren: Die Verlängerung der Brennweite führt trotz der damit im Fall dieser Zooms mit variabler Lichtstärke einhergehenden kleineren Blendenöffnung zu einem schlechter erkennbaren Hintergrund. Und damit zu einem stärker hervorgehobenen Vordergrund.

Allerdings erhältst Du mit der längeren Brennweite nur einen Ausschnitt des Motivs und musst so weiter zurück gehen. Das beeinflusst die räumliche Wirkung des Bildes, weil sich die Größenverhältnisse von Vorder- zu Hintergrund ändern.
Da aber der Hintergrund ja eh in mehr oder weniger starker Unschärfe verschwinden soll, ist das manchmal kein allzu großes Problem.

Ausprobieren? Wie?

Dazu solltest Du das Hauptmotiv einmal mit der kurzen Brennweite und der weit geöffneten Blende (3.5) fotografieren.
Danach entfernst Du Dich mit der längeren Brennweite soweit, dass das Vordergrundmotiv wieder genauso groß ist wie in der ersten Aufnahme.
Nun nimmst Du wieder die größte mögliche Blendenöffnung. Das ist aber jetzt eine größere Zahl (z.B.: 5,6) .
Da es um die Blende geht, kannst Du diese Aufgabe mit der Blendenvorwahl („A“ oder „Av“) oder der manuellen Belichtungssteuerung der Kamera durchführen.
Vergleich die Ergebnisse am großen Monitor.

Ohne Objektivwechsel (2)

Kompaktkameras verlieren zwar seit dem Siegeszug der Smartphones massiv Marktanteile, aber gerade für Urlaubsfotos werden sie immer noch gerne verwendet. Sie haben jedoch, wie auch viele Bridgekameras, oft einen kleinen Sensor und somit relativ viel Schärfentiefe.

Und auch die Blende lässt sich mit den Objektiven dieser Fotoapparate oft nicht so richtig weit öffnen. Da die Objektive fest eingebaut sind, muss man dann mit der Einschränkung leben.

Um auch an diesen Kameras mit der Schärfentiefe eingreifen zu können, solltest Du die beiden oben schon genannten Punkte  beachten.
Du solltest erstens auch an diesen Kameras die Blende soweit wie möglich öffnen (kleine Zahl). Und zweitens mit langer Brennweite („rangezoomt“) nah an das Objekt heranzugehen.

Aber wie schon in dem Einschub oben beschrieben, verlierst Du dadurch die Möglichkeit, die Darstellung der Räumlichkeit in Deinen Bildern zu steuern. Dadurch sind Deine Möglichkeiten der Bildgestaltung in Bezug auf Vorder- / Hintergrund also etwas eingeschränkt, aber da der Hintergrund ja eh unscharf werden soll, ist das vielleicht gar nicht so schlimm.

Vielleicht hilft Dir ja auch der nächste Tipp, der für alle Kameras/Objektive passt und auch von „Smartphonefotografen“ verwendet werden kann.


2 thoughts on “Tipps für bessere Urlaubsfotos Teil 4 – Bildgestaltung vereinfachen

  1. Eduard Waschke

    Hallo Tom, es ist gerade drei Monate her das an einem Kurs von dir Teil genommen habe. War einfach Toll und hat meinen Horizont um einiges erweitert und extrem neugierig gemacht. Fotografieren heißt für mich mit mit Licht spielen wie kleine Kinder mit Sand [ auch Große ]. Ich lerne auf Basis von deinem Kurs autodidaktisch weiter wie ich es auch in meinem Beruf der Chemie getan habe.
    Aber nun ganz kurz. Macht es Sinn im NEF – Format bei belichtungsreihen BKT auch das ADL hinzu zunehmen. Experimentiere im Moment mit einem f1.8 50mm festobjektiv herum.
    Würde mich freuen wenn ich da eine ganz kurze Antwort von dir bekommen könnte. Ob sinnvoll oder nicht und Farbformat sRGB oder Adobe RGB dabei.
    Mit freundlichen Grüßen
    Eduard Waschke
    Ps vielleicht eine Thema in deinen scripst’s. Bestimmt für viele von Interesse. Die ich ständig verspeise ( lese ).

    Antworten
    1. Tom! Beitragsautor

      Hallo Eduard,
      Danke für das positive Feedback.
      Zu Deinen Fragen:
      Wenn Du automatische Belichtungsreihen machst, ist ADL nicht nötig.

      Und die Entscheidung zwischen den Farbräumen (sRGB oder AdobeRGB oder …) musst Du bei RAW Dateien (NEF ist ja das RAW-Format von Nikon) erst beim Erzeugen eines fertigen Bildes (JPEG oder TIFF oder.. .) treffen.
      RAWs haben noch gar keinen Farbraum.
      (Vielleicht hilft Dir meine Artikel zu den Farbräumen unter https://www.tom-striewisch.de/adobe-rgb-srgb-farbraum-und-jetzt.htm weiter.

      Hoffe, das hilft, Tom!

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