Croppen in der Kamera, ist das sinnvoll?
Vor einigen Tagen erreichte mich eine Frage eines ehemaligen Kursteilnehmers zu einer besonderen und vermeintlich (s.u.) noch recht neuen Kamerafunktion.
Es geht dabei um eine Vollformatkamera mit sehr vielen Megapixeln.
Deren Anzahl ist an dieser Kamera für so ziemlich alle fotografischen Aufgaben eigentlich mehr als ausreichend, um nicht zu sagen: schon viel zu viel!
Ja ich weiß, gerade Fotografen können oft nicht genug haben. ;-)
Doch manchmal würde man gerne sogar ein paar Pixel weniger haben und statt dessen mehr Brennweite.
Die Funktionsknöpfe dieses Fotoapparats kann der Fotograf nun so belegen, dass mit einem Klick die Kamera nur einen Ausschnitt des Bildes nutzt und so den Bildwinkel verkleinert. Quasi ein Extra-Zoom, ein Telekonverter auf Knopfdruck…
Aber ist das wirklich das gleiche wie eine echte längere Brennweite? Und was sind die Vor- und Nachteile?
Warum „vermeintlich neue“ Funktion?
Es gab auch in der analogen Welt bereits die Möglichkeit, das Filmformat von Bild zu Bild zu wechseln.
Für Großformatkameras gab es spezielle konstruierte Rückteile für Rollfilm („120er“ / Mittelformat) die es erlaubten, von Bild zu Bild das Aufnahmeformat von 4,5*6 auf 6*6, 6*7, 6*9 und schliesslich 6*12 zu verändern.
Und im Kleinbildsegment konnte man bei einigen Kameras auch ohne Filmwechsel oder Filmverlust von einem extrabreiten Panoramaformat auf die typischen 24mm*36mm und zurück wechseln.
So ganz neu ist das Croppen in der Kamera also nicht.
Warum überhaupt Croppen?
Wenn eine Kamera so viele Pixel hat, liegt die Idee nah, daß auch eine kleinere Menge Megapixel für ein tolles Foto oft völlig ausreichen könnte, das reichte ja früher auch.
Und nicht nur früher: Ausstellung und Auflösung (oder: wieviele Megapixel brauche ich tatsächlich?
Die Kamerahersteller scheinen das zu ahnen und bietet vereinzelt spezielle Modi an, in denen nur der zentrale Bereich des Sensor genutzt wird, u.a. eine Fläche, die dem APS-C Format entspricht. Das in der Digitalfotografie ja auch als Standardaufzeichnungsformat gerne verwendet wird.
Dadurch wird natürlich die zu speichernde Datei deutlich kleiner. Und es hat auch starken Einfluß auf das Aussehen des Bildes.
Der Bildwinkel wird wird durch den Formatwechsel kleiner und entspricht dem einer um den Faktor 1,5 längeren Brennweite am vollen Sensor. Die Bildwirkung verändert sich also in Richtung „Teleperspektive“.
Denn man muss sich für ein im Vergleich zur Bildfläche gleich groß abgebildetes Bilddetail weiter entfernen und „staucht“ dadurch den Raum. Der Bildhintergrud wird im Verhältnis zum Vordergrund größer abgebildet.
Ganz so, als würde man tatsächlich eine länger Brennweite einsetzen.
Die Lichtstärke bleibt gleich — aus 200mm werden so also „gefühlte“ 300mm Brennweite bei gleicher größter Blendenöffnung.
Legt man diese Veränderung auf einen Funktionsknopf, hat man also quasi eine „Brennweitenverlängerung“, eine Art Zusatzzoom oder Telekonverter auf Knopfdruck.
Aber ist diese Überlegung richtig und das Vorgehen sinnvoll?
Vor und Nachteile
Schauen wir uns die Vor- und Nachteile mal an. Es gibt ja doch einige Dinge, in denen sich das Croppen bemerkbar macht und auch andere Einstellung beeinflusst und Anpassungen notwendig macht.
1. Brennweitenverlängerung
Die Verkleinerung der genutzten Sensorfläche würde tatsächlich wie eine Ausschnittvergrößerung aus dem Vollformatbild eine Abbildung mit kleinerem Bildwinkel ergeben, was üblicherweise — nicht ganz richtig (die kleine Schwester von völlig falsch) — als „Brennweitenverlängerung“ bezeichnet wird.
Die Ausschnittvergrößerung hätte man aber auch später (mit viel mehr Freiheiten) in der digitalen Dunkelkammer machen können. Bei der Ausarbeitung des RAWs (oder JPEGs) hätte man in dem Fall einen mehr oder weniger großen Ausschnitt festlegen können, den man noch beliebig anpassen könnte.
Vielleicht gab es ein interessantes Detail, dass man bei der Aufnahme übersehen hat und so, bei Nutzung des vollem Sensorformats, durch eine Verschiebung des Ausschnitts noch gut in das Bild holen oder an einer günstigeren Stelle platzieren kann.
Das geht bei Nutzung des kleineren Sensorbereichs nicht.
Das der kleinere Bildwinkel quasi auf „Knopfdruck“ zugeschaltet werden kann, ist allerdings eine echter Vorteil gegenüber einem Telekonverter, der ja erst montiert und dann anschliessend auch wieder demontiert werden muss.
Bildkreis und gefühlte Brennweite
Ein Zitat aus meinem kostenlosen „Fotolehrgang im Internet“:
Diese so genannten Bildkreise der Objektive müssen für den jeweiligen Film oder Sensor ausreichend groß sein, sonst werden die Ecken eines Bildes abgeschattet, es kommt zu einer meist unerwünschten Vignettierung.
Objektive mit großen Bildkreisen sind schwieriger zu konstruieren, deshalb gibt es viele Objektive, die nur für kleine Sensoren gedacht sind und preiswerter angeboten werden können.

Das kreisrunde Objektiv erzeugt einen kreisrunden Bildkreis.

Der kleinere Sensor erfasst aus dem großen Bildkreis nur einen Ausschnitt
Der kleinere Bildkreis dieser Objektive würde einen größeren Sensor wohlmöglich nicht vollständig ausleuchten. Solche Objektive haben deshalb einen etwas modifizierten Anschluss, so dass man sie an Kameras mit größeren Sensoren auch dann nicht anbringen kann, wenn diese vom gleichen Hersteller stammen.
Umgekehrt dagegen ist das kein Problem, das Objektiv mit großem Bildkreis kann den kleineren Sensor problemlos ausleuchten, diese Objektive lassen sich deshalb auch an Kameras mit kleineren Sensoren (“Cropkameras”) anbringen. Zumindest, wenn sie den gleichen Anschluss haben.
2. Lichtstärke
Die Lichtstärke ist in diesem Zusammenhang auch zu beachten.
Die Lichtmenge, die die Fläche des kleineren Abschnitts erreicht, bleibt bei Einsatz des Cropmodus gleich.
Auf die Lichtstärke des Objektivs hat das Croppen in der Kamera also, wie bereits weiter oben erwähnt, keinen negativen Einfluss. (Wie sollte er auch, das Objektiv weiß ja gar nichts davon, dass der verwendete Sensorbereich kleiner geworden ist).
Trotzdem möchte ich darauf hinweisen, denn das ist ein weiterer wichtiger Unterschied zum Telekonverter, bei dem ein zusätzliches optisches System hinter dem eigentlichen Objektiv das Licht auf eine größere Fläche verteilt und damit die Lichtstärke reduziert.