„(Mis)Understanding Photography“ – eine Ausstellung im Museum Folkwang

Museum Folkwang

Museum Folkwang

„(Mis)Understanding Photography“ ist der Titel der aktuellen Fotografieausstellung im Museum Folkwang (Essen).
In dieser von Florian Ebner kuratierten Ausstellung geht es um die Fotografen und die Fotografie, genauer gesagt um die Beziehung der Fotografen zur Fotografie.

Ich habe durch ein schon lange geplantes Fotografentreffen leider die Ausstellungseröffnung am 13.06. verpasst, aber vorgestern hatte ich die Chance, an einer Kuratorenführung teilzunehmen. Zwar konnte Florian Ebner nicht persönlich führen, doch Franziska Maria Scheuer ist mit hilfreichen fachkundigen und unterhaltsamen Hinweisen und Anmerkungen eingesprungen.

Was wird gezeigt

Im Rahmen der Präsentation sind Einzelbilder und vor allem Serien zu finden, die Fotografen als Reaktion und in Bezug auf die Fotografie (Fotografie als einzelnes Bild, als Medium, als gesellschaftliches Ereignis und als Ritual) angefertigt habe.
Es sind Reaktionen auf die Ikonen der Fotografie wie die Aufnahme des fallenden Soldaten im Spanischen Bürgerkrieg von Robert Capa, die Aufnahme(n) des Panzermanns (Tank-Man) von auf dem Platz des himmlischen Friedens oder die Bilder von Cindy Sherman oder August Sander, Irving Penn, Ansel Adams und vielen anderen.
Es sind Statements, die diese Ikonen der Fotografie weiter- oder zurück- entwickeln(!) oder in denen Fotografen in die Rollen anderer Fotografen schlüpfen (bis hin zur fast perfekten Maskerade).
Es gibt Bereiche der Ausstellung, in denen Fotografen mit dem Medium über das Medium als dingliches Objekt reflektieren oder es als Objekt der Sammelwut katalogisieren und in neue Zusammenhänge stellen. Auch der gesellschaftliche Nutzen und die „übliche“ Nutzung von Fotografie abseits von Kunst, Dokumentation und wirtschaftlicher Verwendung werden analysiert.
Während die Texte (Manifeste) im zentralen Ausstellungsbereich auf wuchtigen Stellwänden (von einzelnen Fotos in Vitrinen begleitet) untergebracht sind, finden sich die Bilder, in zehn(?) räumlich getrennte Bereiche gegliedert, darum herum verteilt.

Zeit einplanen

Die Ausstellung ist, wenn man sich auch über das „schöne Bild“ hinaus für Fotografie interessiert, definitiv einen Besuch wert. Aber Ihr solltet Zeit einplanen, das macht man nicht mal eben in 90 Minuten. Ich empfehle Euch eine Führung (es gibt ein anscheinend gutes Begleitbuch, ob es Audioguides gibt weiß ich nicht).
Ihr solltet eine Pause zwischen den Bilderbereichen und den lesenswerten Manifesten einlegen, sonst wird das vermutlich zu einem großen Durcheinander im Kopf.

Mir zeigt diese Ausstellung erneut, dass meine Sorge über die Zukunft der Fotografie im Museum Folkwang nach dem Weggang von Ute Eskildsen als Leiterin des Fotobereiches unnötig war. Mit Florian Ebner ist glücklicherweise ein würdiger Nachfolger gefunden worden, der natürlich seine ganz eigenen Akzente setzt.

Randbemerkung

Was mir nach dem Besuch auffiel:
Eine gute  Ausstellung sorgt dafür, dass ich mich hinterher wie nach einem gelungenen Kinobesuch mit einem guten Film irgendwie etwas „anders“ fühle. Da passiert etwas mit mir. Und das ist gut so.

Hier noch eine Liste der Fotografen, deren Texte und/oder Bilder in der Ausstellung gezeigt werden:

Beteiligte Künstler
Werke
Claudia Angelmaier, Michael Badura, Sylvia Ballhause, Laura Bielau, Viktoria Binschtok, Kristleifur Björnsson, Bernhard Blume, Christian Boltanski, Günter Karl Bose, Johannes Brus, Michel Campeau, Sarah Charlesworth, Jojakim Cortis & Adrian Sonderegger, Tacita Dean, Bogomir Ecker, Hans Eijkelboom, Hans-Peter Feldmann, Joan Fontcuberta, Florian Freier, Katharina Gaenssler, Jochen Gerz, G.R.A.M., Aneta Grzeszykowska, Jeff Guess, Rudolf Herz, John Hilliard, Alfredo Jaar, Kenneth Josephson, Erik Kessels, Jochen Lempert, Zoe Leonard, Les Levine, Zbigniew Libera, Stanislaw Markowski, Santu Mofokeng, Ugo Mulas, Andreas Müller-Pohle, Renate Heyne & Floris M. Neusüss, Peter Piller, Steven Pippin, Richard Prince, Barbara Probst, Arnulf Rainer, Timm Rautert, Benjamin Rinner, Józef Robakowski, Thomas Ruff, Ed Ruscha, Adrian Sauer, Joachim Schmid, Pavel Maria Smejkal, Michael Snow, Clare Strand, Larry Sultan & Mike Mandel, Vibeke Tandberg, Ulrich Tillmann & Wolfgang Vollmer, Wolfgang Tillmans, Axel Töpfer, Timm Ulrichs, Franco Vaccari, Matthias Wähner, Gillian Wearing, Jan Wenzel, Christopher Williams, Akram Zaatari

Manifeste
Shahidul Alam, ANT!FOTO/Katja Stuke & Oliver Sieber, Nobuyoshi Araki, Keith Arnatt, Mel Bochner, Victor Burgin, Henri Cartier-Bresson, Louis Jacues Mandé Daguerre, Louis Darget, Eugenio Dittborn, Hossam el-Hamalawy, Peter Henry Emerson, Group f/64, Francis Frith, Luigi Ghirri, Raoul Hausmann, John Heartfield, Mishka Henner, Rudolf Herz, Lewis W. Hine, Thomas Hirschhorn, Edwin Hoernle, Oliver Wendell Holmes, Martin Kippenberger, Oscar Krifka, Germaine Krull, Heiner Kurzbein, Dorothea Lange, Sherrie Levine, Jerzy Lewczynski, Lomographische Gesellschaft, Man Ray, F.T. Marinetti / Tato, Chris Marker, Renzo Martens, Peter McKenzie, Lucia Moholy, László Moholy-Nagy, Johannes Molzahn, Daido Moriyama, Maurice Vidal Portman, Albert Renger-Patzsch, Alexander Rodtschenko, Martha Rosler, August Sander, Joachim Schmid, Allan Sekula, Jo Spence / Terry Dennett, Otto Steinert, Hito Steyerl, Alfred Stieglitz, Paul Strand, William Henry Fox Talbot, Karel Teige, Raoul Ubac, Timm Ulrichs, Johan van der Keuken, Ai Weiwei, Minor White

Abschließend

Noch zwei Links, einmal zur Website zur Ausstellung und einmal zu einem Artikel bei Spiegel online.

Fazit: Hingehen und Ansehen!
(Ich möchte Mitte Juli, vorher passt es leider nicht,  noch mal eine längere Zeit in der Ausstellung verbringen. Wer Lust hat, mich zu begleiten, kann sich gerne mit mir in Verbindung setzen.)

Meine anderen Berichte über Fotoaustellungen

 


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