Fragen aus dem ARD-Morgenmagazin (Teil 2)
Am 02.08. war ich zu Gast im ARD-Morgenmagazin.
(In der Mediathek kann man sich einen meiner vier Livebeiträge ansehen)
Leider war es nicht möglich alle Zuschauerfragen live vor Ort zu beantworten. Diese Antworten hole ich jetzt an dieser Stelle nach.
Diese Frage stammt von Frau P. aus Dresden:
„Wie lässt es sich vermeiden, dass auf Bildern die Gliedmaßen oftmals nicht ihren realen Proportionen entsprechen?“
Kurze Antwort:
Aus einem ‚normalen‘ Betrachtungsabstand fotografieren und keine extremen, speziell keine sehr kurzen, Brennweiten verwenden.
Lange Antwort:
Neben Belichtungszeit und Blende ist die Kombination von Brennweite (Blickwinkel) und Aufnahmeabstand das wohl mächtigste Gestaltungsmittel, das wir zur Verfügung haben. Leider zeigt sich dessen dramatische Wirkung aber nicht auf den ersten Blick.
Die meisten unerfahrenen Fotografen lassen sich durch die mit dem Wechsel der Brennweite verbundene Größenänderung des Hauptobjektes ablenken.
Doch es ergeben sich meist weitere gravierende Veränderungen im Bild.
Wenn man zwei oder mehr Bilder vergleicht, wird das meist klarer. So wie in dem Bilderpaar oben die Kamera auf der linken Abbildung im Verhältnis zum Gebäude im Hintergrund viel größer erscheint, ergeht es auch Körperteilen, die sehr nah an der Kamera sind. Sie erscheinen im Verhältnis zu weiter entfernten Körperteilen überproportional groß.
Am einfachsten kann man dieses Phänomen umgehen, indem man aus größerer Distanz fotografiert. In etwa aus der gleicher Distanz, aus der wir die Motive typischerweise auch mit bloßem Auge betrachten. Menschen rücken wir normalerweise nicht so sehr auf die Pelle, und das sollte man dann auch beim Fotografieren einhalten und je nach Bildtyp (Gesicht, Oberkörper oder ganzer Körper oder Gruppe oder …) einen passenden Abstand von unter 1 bis X Meter wählen.
Vorsicht, es ist auch nicht gut, wenn man zu weit weg geht und dann eine lange Brennweite verwendet, denn dann kehrt sich der Effekt um. Das, was vorher gestreckt wirkte, erscheint dann gestaucht, nahes wirkt im Verhältnis zu Fernem klein.
Blickrichtung beachten
Ein besondere Form der Veränderung der Proportionen entsteht, wenn man die Kamera nicht auf den Horizont, sondern nach oben oder nach unten richtet. Es treten sogenannte „stürzende Linien“ auf.
Wenn man Menschen aus der Nähe und aus Augenhöhe fotografiert, kommt viel leerer Raum über dem Kopf ins Bild und die Beine werden angeschnitten. Um das zu vermeiden, neigt man dann die Kamera nach unten: Doch das führt zu ungünstig veränderten Proportionen bei der abgebildeten Person – analog zu den stürzenden Linien.
Fotokurse mit Tom! Striewisch
Das linke Beispielbild mit dem Briefkasten zeigt das Problem recht deutlich, alles verjüngt sich nach unten, der Briefkasten scheint sehr wackelig zu stehen. Rechts, mit auf den Horizont ausgerichteter Kamera dagegen steht der Briefkasten fest auf seinen Beinen.
Zu Teil 1 der Reihe
Zu Teil 2 der Reihe
Zu Teil 3 der Reihe
Zu Teil 4 der Reihe
Zu Teil 5 der Reihe
Wird fortgesetzt….