Vertorama fotografieren

Freihand-Vertorama

Freihand-Vertorama

Wenn der horizontale Bildwinkel der vorhandenen Kombination von Objektiv und Kamera (oder die damit erreichbare Bildauflösung) nicht ausreicht, kann man ein aus mehreren Einzelbildern zusammengesetztes horizontales Panorama machen.

Und wenn es in der Höhe nicht reicht?
Dann kann man genauso vorgehen. Die gewünschte Bildhöhe erreicht man dann durch mehrere Bilder eines Schwenks nach oben. Diese vertikale Panorama („Vertorama„) kann bis über Kopf und darüber hinaus gehen.

Vor einigen Tagen erreichte mich per Email eine Frage zu solchen Hochkantpanoramen. In dieser Frage ging es um einen speziellen „Nodalpunktadapter“ für solche Aufnahmen.

„Nodalpunktadapter“?

Beim horizontalen Panorama schwenkt man die Kamera oft im Hochformat, um einen möglichst hohen Bildwinkel zu erreichen. Erst wenn der so erreichte Bildwinkel in der Höhe nicht ausreicht, muss man den wesentlich aufwändigeren Weg mit mehreren Aufnahmereihen gehen. Um die Kamera auch im Hochformat mittig über der Drehachse zu befestigen, kann man einen speziellen L-Winkel verwenden.
Aber damit sind noch lange nicht alle Probleme gelöst.

Wenn die Kamera geschwenkt wird, um mehrere Aufnahmen für eine Panorama zu machen, die dann später verbunden werden sollen, kann es durch eine ungünstige Lage der Schwenkachse zu Problemen kommen. Es treten Parallaxenfehler auf.

Parallaxenprobleme
Parallaxenprobleme entstehen durch eine falsche Lage der Drehachse, bei der die „optische“ Mitte des Objektives, der (nicht ganz richtig) sogenannte Nodalpunkt, nicht berücksichtigt wird.
Du kannst das selbst ausprobieren.
Kneife ein Auge zu und verdecke dann mit dem Daumen der ausgestreckten Hand ein in der Ferne liegendes Objekt. Wenn Du nun den Kopf drehst (schwenkst), wandert der Daumen vor dem Hintergrund nach links oder rechts. Das ist der sogenannte Parallaxenfehler. Er wird hier sichtbar, weil Du den Blick nicht um den Nodalpunkt des Auges gedreht hast. Die Achse, um die die Drehung stattfand, also der Hals, liegt ja viel weiter hinten. Dadurch wird das Objektiv (Auge) durch den Raum bewegt, es blickt aus unterschiedlichen Postionen auf das Motiv und die Bilder haben dadurch hinter dem selben Vordergrundobjekt unterschiedliche Hintergrunddetails.
Diese Bilder kann man nicht oder nur unter Schwierigkeiten zu einem Panorama montieren.

Ein Nodalpunktadapter hilft dabei, die Kamera und das Objektiv um die „optische Mitte“ zu drehen, dazu wird die Drehachse in den meisten Fällen nach vorn unter das Objektiv verlagert. Wohin genau hängt vom verwendeten Objektiv ab.
Mehr zu dem Thema findet Du unter http://www.langebilder.de/nodalpunktadapter.php und http://www.langebilder.de/nodalpunktringe.php und natürlich in meinen (Kugel-) Panoramaworkshops .

Walimex Pro Nodalpunkt-Adapter ca. 250,00 Euro(*) Roundabout-NP ca. 280 Euro(*)
Panosaurus 2.0 ca. 140 Euro(*) Novoflex PRO II VR-System ca. 750 Euro(*)


Um die Funktion besser zu erkennen, kannst Du dieses Bild eines selbstgebauten NAs anklicken und drehen.

Das Problem mit diesen NAs in dem speziellen Fall „Vertorama“ ist nun, dass alle üblichen Vorrichtungen für horizontale Panoramen oder für (in der Regel) mehrreihige Kugelpanoramen gedacht sind. Wenn ich einen solchen Adapter dann aber für ein Vertorama verwende, wird vom Motiv nur ein sehr schmaler Ausschnitt erfasst, da die Kamera ja im Hochformat verwendet wird. Dadurch kann es dann nötig sein, mehrere Reihen (also in „Excelsprache“ eigentlich Spalten) nebeneinander aufzunehmen. Das macht den ganzen Prozess jedoch unnötig aufwendig, wenn eine im Querformat genutzte Kamera bereits einen ausreichenden horizontalen Bildwinkel erfassen würde.

Alternative
Ich verwende trotzdem, wenn ich dabei überhaupt vom Stativ arbeite, für solche Vertoramaaufnahmen meinen bereits vorhandenen „Nodalpunktadapter“. Das geht dann zwar nur mit der Kamera im Hochformat, aber es klappt (und das sehr präzise).
Eine spezieller NA für Vertoramen lohnt sich für mich nicht, denn sehr oft mache ich solche Aufnahmen (in meinem Fall häufig von hohen Gebäuden) frei aus der Hand (oft zwangsweise, denn einen NA mit Stativ schleppe ich nicht immer auf gut Glück durch die Gegend). Die Parallaxenprobleme sind in der Regel trotzdem ausgesprochen gering, da das Motiv meist nur geringe Entfernungsunterschiede aufweist, es ist mehr oder weniger komplett in „Unendlich“.
Mit tauglicher Software ist das Stichen auch freihändiger Aufnahmen dann kein allzu großes Problem, wichtig ist ausreichende Überlappung.
Ich verwende für das Zusammenfügen meiner Panoramen PTGui, aber zur Not tut es für solche relativ einfachen Panoramen auch das kostenlos ICE von Microsoft (nur unter Windows).

Wenn allerdings sowohl im Vordergrund als auch im Hintergrund im Überlappungsbereich zweier Bilder Motivdetails liegen, kann es zu Problemen mit der Parallaxe kommen. Das macht dann gelegentlich aufwendige Nacharbeit nötig.
Um das zu umgehen, wäre ein NA sinnvoll. Und wenn man mit wenigen Aufnahmereihen (-spalten) hinkommen will, muss es ein Querformat NA sein.
Das könnte dann eine Konstruktion ähnlich eines „Gimbals“ für langbrennweitige Objektive sein.

Bauvorschlag

Vertorama Nodalpunktadapter frontale Ansicht
Vertorama Nodalpunktadapter frontale Ansicht
Vertorama Nodalpunktadapter seitliche Ansicht
Vertorama Nodalpunktadapter seitliche Ansicht

Mein Bauvorschlag besteht aus zwei u-förmigen Bauelemente (lässt sich zur Not auch aus Holz basteln). Das kleinere sollte so aufgebaut sein, dass am (geraden) Boden des Us die Kamera im Querformat befestigt wird.
Dieses kleinere U wird dann in ein größeres U gehängt.
Die Verbindung der beiden ist beweglich so im oberen Bereich der U-Schenkel, das das innere U (und damit die Kamera) nach oben und unten geneigt werden kann. Diese Verbindung muss wegen der Parallaxe durch die Mitte des Objektives gehen.

Unter dem größeren U gibt es eine (evtl. schwenkbare) Befestigung fürs Stativ.
Damit die Kamera bzw. das Objektiv richtig im Nodalpunkt ausgerichtet werden kann (Schwenk- und Neigeachse durch den „Nodalpunkt“), sollte das innere U im äußeren höhenverstellbar sein und im inneren U eine horizontale Schiene das Verschieben der Kamera nach vorne und  hinten erlauben.

Ich werde allerdings wohl weiterhin, wenn die Umstände es zulassen oder erfordern, aus der Hand fotografieren.

Blogbeitrag: Wie man ein Vertorama zusammenbauen kann.

Weiterführend:
Zu ICE, der kostenlosen Panoramasoftware von Microsoft habe ich hier und hier zwei kurze Videos veröffentlicht.

Software:

PTGui

ICE


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2 thoughts on “Vertorama fotografieren

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