Schärfentiefe und Cropfaktor
Schärfentiefe und Cropfaktor — Ich hab ja gedacht, das Thema wäre mittlerweile „durch“, aber die letzten Wochen haben mir gezeigt, dass das anscheinend nicht der Fall ist. So hatte ich  dazu einige Mails mit Nachfragen. Und in gleich zwei Individual-Fotokursen war das auch Thema.
Also ist es vielleicht doch sinnvoll, mich hier um diesen Aspekt der Schärfentiefe zu kümmern.
Hintergrund
Meine Schärfentieferechner und die Schärfentieferechenscheiben berücksichtigen die Auswirkung unterschiedlicher Sensorgrößen. Doch gerade diese Auswirkungen wurden von meinen jeweiligen Gesprächspartnern angezweifelt.
Sie waren der auf den ersten Blick durchaus nachvollziehbaren Überzeugung, dass doch das Objektiv (seine Brennweite) die Schärfentiefe erzeugen würde. Und das Objektiv würde je nach Kamera von den unterschiedlichen Größen des Sensors überhaupt nichts wissen und auch nicht durch die Sensorgröße verändert. Die Schärfentiefe wäre also nur von der Brennweite (und Blende und Abstand) abhängig.
Ein zusätzlicher Hinweis wäre, dass die auf manchen Objektiven aufgedruckten Skalen doch immer gleich wären.
Das ist natürlich zuerst einmal völlig richtig, die Schärfenabbildung auf dem Sensor bei gleichem Objektiv, gleicher Blendeneinstellung und gleichem Aufnahmeabstand ist absolut die gleiche, egal, wie groß die Fläche des Sensors ist.
Was ist der Cropfaktor?
Die meisten werden es wissen und können diesen Kasten hier überspringen. Aber zur Sicherheit….
Früher gab es eine alles beherrschende Größe des Aufnahmemediums, den Kleinbildfilm.
Das hat sich mit der Digitalfotografie geändert.
Da in der digitalen Welt die Sensorgröße den Kamerapreis sehr stark beeinflusst, gab es hier im Gegensatz zur analogen Fotografie von Anfang an viele unterschiedliche Sensorformate, teils auch sehr kleine (preiswerte).
Die kleineren Sensoren „sehen“ aus dem Bildkreis eines Objektivs aber nur einen kleineren Ausschnitt. Dieser entspricht einer Aufnahme mit einem größeren Sensor unter Verwendung einer längeren Brennweite.
Fachlich nicht richtig wird so gerne von einer „Brennweitenverlängerung“ durch den kleineren Sensor gesprochen.
Der Umrechnungsfaktor zwischen den verschiedenen Sensorgrößen. zur Bestimmung der „gefühlten Brennweite“ ist der so genannte Cropfaktor .
Ãœbersehen
Doch ein entscheidendes Detail, das durch die Unterschiede der Sensorgrößen bedingt ist, wird dabei übersehen.
„Auf dem Sensor“ ist das Bild in der Regel nur in einer Art Zwischenstadium. Zumeist schauen wir es uns nicht als sensorgroße Briefmarke an, sondern vergrößern es für die Wiedergabe mehr oder weniger stark.
Fast immer soll das Bild ja eine bestimmte, oft deutlich größere Fläche füllen. Es soll auf dem Computermonitor, dem Smartphonedisplay oder im Bilderrahmen wiedergegeben werden.
Das Wiedergabemedium bestimmt also die endgültige Bildgröße.
Aufnahmen, die mit kleineren Sensoren aufgezeichnet werden, müssen dann natürlich stärker vergrößert werden, um die gleiche Endgröße zu erreichen.
Bei der Schärfentiefe geht es also nicht um die Unschärfe der Darstellung auf dem Sensor, sondern um deren Sichtbarkeit im Bild an der Wand, auf dem Monitor, Display, …
Wenn eine Aufnahme stärker vergrößert wird.
Das Maß der Vergrößerung und der Abstand des Betrachters zum Bild spielt bei der Überlegung zur Schärfentiefe eine entscheidende Rolle.
Schärfentiefe bedeutet ja nicht „echte“ Schärfe, wie sie im Idealfall in der fokussierten Entfernung gegeben ist.
Vielmehr meint man damit eine Unschärfe, die so schwach ist, dass der Betrachter sie nicht als Unschärfe wahrnimmt. Es gilt also das als scharf, das vom Betrachter nicht als unscharf erkannt wird.
Wird eine stärkere Vergrößerung vorgenommen und/oder geht der Betrachter (relativ gesehen im Verhältnis zur Bildgröße) näher ans Bild, werden schwache Unschärfen sichtbar, die vorher noch nicht sichtbar waren.
Die Ausdehnung der Schärfentiefe kann dadurch sinken.
Wenn man ein vollständiges Bild vergrößert, wird seine Fläche größer und der Betrachter wird es aus einem größeren Abstand ansehen. (Man geht bei „üblichen Bildern“ von der Bilddiagonale als typischen Betrachtungsabstand aus.)
Aus größerem Abstand ist die (gewachsene) Unschärfe aber nicht wahrnehmbar, die Schärfentiefe bleibt in Ihrer Wirkung gleich.
Im Fall der unterschiedlichen Sensogrößen liegen die Dinge aber anders. Da wird der auf dem kleineren Sensor aufgezeichnete Bildausschnitt stärker vergrößert, damit das gleiche Endformat erreicht wird.
Der Betrachtungsabstand bleibt dann gleich und der Betrachter erkennt die vergrößert angezeigte Unschärfe. Die Schärfentiefe scheint geschrumpft zu sein.
Die Annahme, dass die Schärfentiefe auch bei unterschiedlich großen Sensoren gleich bliebe, ist also schlicht und ergreifend falsch. (Zumindest solange man nicht das generell zugrunde liegende Konzept von „Scharf ist, was nicht als unscharf erkannt wird.“ in Frage stellt.)
Eigenwerbung
An der Stelle darf ich vielleicht noch ein bisschen Eigenwerbung machen:
Die für richtig belichtete Fotos wichtigen Einstellungen wie Belichtung, Automatik und Belichtungskorrektur,  aber auch Brennweite, Bildgestaltung und Bildbearbeitung sind ein wichtiger Teil meiner Fotokurse zu den Grundlagen der Fotografie, die ich an der Fotoschule-Ruhr.de anbiete.
Ich würde mich freuen, Dich da zu treffen.
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