Ausstellung „HIPGNOSIS.BREATHE“ in Oberhausen

Illustration zum Artikel zur Ausstellung HIPGNOSIS.BREATHE in Oberhausen

Eines der bekanntesten Hipgnosis Cover wird hier in mehreren Versionen gezeigt.

Da ich gegenwärtig zeitlich recht knapp aufgestellt bin, war ich froh, dass ich (durch eine glückliche Fügung des Schicksals) gestern spontan die Ausstellung zu den Arbeiten der Fotodesignagentur „Hipgnosis“ besuchen konnte.
Und es hat sich wirklich gelohnt.

Die Ausstellung präsentiert nicht nur die Plattencover sowie viele andere Illustrationen, sondern auch häufig zusätzliche Hintergrundinformationen zur Entstehungsgeschichte (u.a. vermittelt durch den empfehlenswerten Audio Guide).

Coverdesign

Wer sich für das Zusammenspiel von Musik und Fotografie interessiert, landet ziemlich sicher und schnell auch bei den Hüllen für Langspielplatten.
Die großen LP-Cover boten viel Platz für große Bilder. Zu Anfang waren das oft „nur“ Fotos, die die beteiligten Musiker zeigten, aber es gab bald auch andere Illustrationen.

Die Hüllen entwickelten sich nach und nach immer weiter. Ihre erste Aufgabe, den Schutz der Schallplatte, behielten sie natürlich bei.
Aber sie wurden in den 60iger Jahren des letzten Jahrhunderts nach und nach auch zu einer zusätzlichen Kommunikationsebene zwischen Musiker, Grafikern, Fotografen und Konsumenten.
Die zuerst üblichen Künstlerportraits und Bandfotos entwickelten sich immer weiter und begannen, aufwendig gemacht, Geschichten zu erzählen (z.B. das Cover von „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ von den Beatles).

Im Laufe der Zeit verschwanden die Abbildungen der Musiker manchmal ganz oder waren nur noch auf der Rückseite zu sehen. Die Frontcover entwickelten sich mit Grafiken und Fotografien zu Illustrationen und Ergänzungen der Musik.
Mit den immer häufiger verwendeten Klappcovern und Doppel- und Dreifachalben vergrößerte sich die dafür zur Verfügung stehende Fläche dafür noch einmal zusätzlich, es wurden extreme Panoramaformate möglich.
Es boten sich so interessante Möglichkeiten für Grafiker, Illustratoren, Fotografen und andere Bildermacher, ihre Werke zu präsentieren (und nebenbei auch noch Geld zu verdienen). Oft waren es dann gleich mehrere Gestalter aus unterschiedlichen Bereichen, die an einem Plattencover arbeiteten.
Wenn diese Zusammenarbeit gut funktionierte (und die Gestalter ernährte), entwickelten sich feste Kooperationen, die dann nach und nach auch für verschiedene Künstler arbeiteten.

Hipgnosis

Eine der bekanntesten Designagenturen aus diesem Bereich dürfte „Hipgnosis“ sein, zwei Künstler (Aubrey Powell und Storm Thorgerson) die aus dem Freundeskreis der frühen „Pink Floyd“ stammten.
Das erste Plattencover dieser Photodesignagentur war dann auch folgerichtig für Pink Floyd, die Hülle für „A Saucerful of Secrets“, der zweiten LP der Band. Bereits hier verzichteten Hipgnosis auf die zu der Zeit noch üblichen großformatigen Bandportraits.
Statt dessen besteht das Cover aus einer zur längeren Betrachtung einladenden Collage überblendeter Einzelbilder — Grafiken und Fotos — darunter aber immer noch eine Fotografie der Band — allerdings nur etwa passbildgroß und in fisheyeartiger Darstellung mit extremen Kontrasten.
Gänzlich verschwunden waren die Musiker dann auf dem Cover zum „Atom Heart Mother“, auf dem eine Kuh auf der Weide abgebildet ist.
Pink Floyd und Hipgnosis begannen damals eine Jahrzehnte überdauernde erfolgreiche Zusammenarbeit.
(Der Name der Agentur — „Hipgnossis“ — stammt von Syd Barret, also von einem der wichtigsten, wenn nicht dem wichtigsten Mitglied der frühen Bandjahre. Der Name vereint „Hip“ – neu, cool, trendy – und „Gnosis“ – altgriechisch für Wissen – und wurde von ihm über die Eingangstür zum Atelier gesprüht.)

Nach und nach gestalteten Powell und Thorgerson viele spektakuläre und einzigartige Cover, nicht nur für Pink Floyd. Es waren wohl über 400 Plattenhüllen, die für Alben von Künstlern und Bands wie Wishbone Ash, Genesis, Wings, Peter Gabriel, 10CC, Led Zeppelin, Nice und vielen anderen entstanden.
Fast immer waren Fotografien dabei ein wichtiger Teil der Gestaltung.
Einige Illustrationen entstanden rein fotografisch, wie die Kuh auf dem Cover von „Atom Heart Mother„, andere wurden aufwendig inszeniert und montiert (z.B. Umma Gumma„). Oft kamen ungewöhnliche Techniken zum Einsatz.
Dabei bedienen sich Hipgnosis auch aus den Entwicklungen der aktuellen Popart und dem Ideenfundus der Zeit und schufen auf dieser Grundlage Neues wie z.B das auf misshandelten Polaroids basierende Cover von Peter Gabriels dritter LP („Melt“).

In dieser Zeit, zu der an die Möglichkeiten von Photoshop u.a. überhaupt nicht zu denken war, waren solche Illustrationen eine zum Teil extrem komplexe Angelegenheit.

Gerade auch durch die Hintergrundinformationen und Erläuterungen des Audio Guides zur Entstehungsgeschichte lohnt sich die Ausstellung für Besucher, die an einer der wichtigsten  Schnittstellen zwischen Fotografie und Anwendung interessiert sind — oder generell an der Geschichte und Entwicklung der populären Kultur der letzen 50+ Jahre.

Und natürlich auch für alle anderen alten Säcke, die, so wie ich es konnte, nebenbei noch ein kleine Zeitreise machen wollen.


Wo
LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen
Konrad-Adenauer-Allee 46
46049 Oberhausen
Tel 0208 4124928

Öffnungszeiten
Dienstag bis Sonntag 11:00–18:00 Uhr;
Mo. geschlossen, feiertags sowie Pfingstmontag
geöffnet

Eintritt
8,00 €, ermäßigt 4,00 €
Familien (zwei Erwachsene plus Kinder) 12,00 €
Kombiticket mit dem Gasometer Oberhausen 17 €
(jetzt mit der Ausstellung „Planet Ozean“)

Mehr Infos unter: https://www.ludwiggalerie.de/

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