Frage zum Schärfentieferechner

Rechenscheibe zum Ablesen der Schärfentiefe

Rechenscheibe zum Ablesen der Schärfentiefe, eine Alternative zu dem Schärfentieferechner, die man auch ohne Computer/Smartphone nutzen kann. Ebenfalls bei den Tipps der Fotoschule Ruhr.de zum freien Downlaod

In der letzten Woche erreichte mich per Email eine Frage zu meinem Schärfentieferechner, den ich bei den Tipps der Fotoschule-Ruhr.de veröffentlicht habe.

Frage:

“Nicht sicher bin ich mir bei dem von Ihnen verwendeten Zerstreuungskreisdurchmesser von 0,015 mm für Olympus FT, da es ja bei Olympus 12 Megapixel und 16 Megapixel Auflösung gibt. Für welche Auflösung geben sie die Formel an und welche Korrekturfaktoren muss ich ggf. für die Ergebnisses für den Nahpunkt und die hyperfokale Distanz nutzen?“

Die Ursache für diese Frage liegt wohl darin, dass kleine Sensoren mit hohen Megapixelzahlen mehr Details aufzeichnen können. In der 100% Ansicht am Monitor könne so Unschärfen sichtbar werden, die bei weniger Auflösung evtl. auf größeren Sensoren nicht sichtbar würden.
Die Megapixelzahl könnte also zusammen mit der Sensorgröße eine Rolle spielen bei der Berechnung des Bereiches der Schärfentiefe.
Doch das ist meiner Meinung nach ein Trugschluß. Welche Überlegungen mich dazu führen werde ich jetzt erklären.

Meine Antwort

Die Fotografie ist unter anderem deshalb so interessant, weil bei ihr Technik und Gestaltung mit immer wieder wechselnden Anteilen zum Bild beitragen. Diese beiden Faktoren treffen auch bei der Schärfentiefe aufeinander. Dadurch ist dies ein Begriff, dessen Definition abhängig von den jeweiligen Voraussetzungen bzw. Interessen ist.
Pragmatisch bezeichnet man in der Fotografie ganz allgemein das als scharf, dessen Unschärfe noch nicht erkennbar ist.
Man kann bei der Berechnung der Schärfentiefe die maximalen Ansprüche ansetzen, die dann von den Grenzen des technisch Möglichen in Bezug u.a auf Auflösungsfähigkeiten von Sensor und Objektiv, also unter anderem von den Megapixeln im Verhältnis zur Sensorfläche abhängig sind. Dazu wird man das Bild (beziehungsweise bei den heute üblichen Megapixelzahlen notgedrungen Ausschnitte desselben) bei maximaler Vergrößerung betrachten. Schon kleinste Unschärfen würden so sichtbar.

Das man bei dieser Art der Beurteilung/Berechnung der Schärfentiefe von Fotografien nur kleine Bildausschnitte und Details betrachten kann, ist aus gestalterischer Sicht von Nachteil. Denn so werden Bereiche als unscharf definiert, die bei einer „normalen Betrachtung“ nicht unscharf erscheinen würden.
Unter „normaler Betrachtung“ wird in dem Zusammenhang verstanden, dass man, wenn man ein Bild betrachtet, versucht, so nah wie möglich heranzugehen, um das Bild mit seinen Details zu sehen. Die Nahgrenze ist dann erreicht, wenn das Bild größer wird als der Bereich, den man auf einen Blick erkennen kann. Ginge man noch näher heran (wie man es bei der oben beschriebenen technischen Betrachtungsweise der Schärfentiefe macht), würde man zwar mehr Details erkennen können, aber man könnte das Bild nicht mehr als Ganzes überblicken.
Sein Aufbau und der Zusammenhang zwischen den verschiedenen Bilddetails ginge dann verloren. Der so nötige Abstand ist abhängig von der Bildgröße (in cm) und entspricht in etwa der Bilddiagonalen.
Und so lautet eine der Grundlagen der Formeln zu technischen Fragen wie Schärfentiefe (aber auch zur Verwacklungsgrenze, Bewegungsdarstellung u.a.) aus Sicht des Gestalters: “Der Betrachter sieht ein Bild aus einem Abstand, der in etwa seiner Diagonale entspricht.
Dies ist der Abstand, aus dem man das Bild noch überblicken kann und trotzdem möglichst nah am Bild ist. Bei kleinen Bildern ist man dann näher dran, bei größeren Bildern entsprechend weiter weg. Immer kann man das Bild gerade eben noch als Ganzes überblicken und ist trotzdem möglichst nah am Bild.

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AKTUELL

Der nächste Termin für meinen zweitägigen Grundlagen-Fotokurs (Zeche Zollverein) ist am Wochenende
06.04.24/07.04.24 (Sa./So.).

Spätere Termine sind natürlich auch schon verfügbar.




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Das menschliche Auge braucht einen gewissen relativen Mindestabstand zwischen zwei Bildpunkten, um sie überhaupt als individuelle Punkte zu sehen. Kleinere Abstände zwischen den Punkten würden dazu führen, dass man zwar zwei individuelle Punkte im Bild hat, der Betrachter diese aber nur als einen Punkt erkennen kann. Eine so große Schärfe der Abbildung wäre quasi “Perlen vor die Säue”, denn sie würde über die Fähigkeiten des menschlichen Auges hinausgehen.
Wenn man, wie oben überlegt, immer den in Relation zur Bildgröße gleichen Betrachtungsabstand einhält, bleibt der relative Abstand zwischen zwei Punkten auf dem Bild auch bei unterschiedlich großer Wiedergabe des Bildes gleich, der Schärfeeindruck ist also unabhängig von der Bildgröße derselbe. Man kann so für alle Bildgrößen denselben Zerstreungungsskreis annehmen, der sich vom technisch nötigen deutlich unterscheiden kann.

Unnötige Schärfe führt zu Problemen

Auf dieser Grundüberlegung beruht der von mir für die Berechnung benutzte Zerstreuungskreis. Megapixel und Auflösung des Objektives spielen dabei keine Rolle, sofern ihre Auflösung nur einfach höher ist. Würde ich dagegen den „technischen“ Zerstreuungskreis nutzen, müsste ich deutlich weiter abblenden, ohne das die sichtbare Schärfe in dem von mir als scharf gewünschten Bereich ansteigen würde, denn dieser Bereich ist ja schon vorher scharf abgebildet gewesen.
Davor und dahinter würde aber die Intensität bzw. Sichtbarkeit der Unschärfe abnehmen, was  zu Problemen beim Freistellen führen würde.
Und es würden durch diese technische Betrachtung der Schärfentiefe und das damit nötige stärkere Abblenden auch deutlich längere Belichtungszeiten und/oder höhere ISO-Werte nötig, was zu Verwacklung und/oder Rauschen führen würde.

Die Werte in meinem Rechner für die Schärfentiefe und für die Hyperfokaldistanz berücksichtigen die unterschiedlichen Nachvergrößerungsmaßstäbe, die für die verschiedenen Sensorformate nötig sind, die Angaben, die Sie unter FT ablesen können, sind also ohne weitere Korrekturen nutzbar, aber nicht für die 100% Ansicht von kleinen Bildausschnitten gedacht.

Soweit meine Antwort auf die Email, aber ebenfalls zu diesem Thema habe ich auch eine Notiz im Fotolehrgang im Internet geschrieben: Megapixel – Megaschärfe?

Zum gleichen Thema in diesem Blog:
Schärfentiefe kontrollieren
Wo ist die Schärfentiefe hin?
Schärfentieferechenscheibe verwenden (Video)


One thought on “Frage zum Schärfentieferechner

  1. Pingback: Wo ist die Schärfentiefe hin?

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