Fisheye am Flughafen

Titelbild für "Fisheye am Flughafen"

Fisheye am Flughafen, blöd. Oder?

Wenn man als Fotograf zum Flughafen fährt, dann plant man meist längere Brennweiten ein — das ist da ja ganz ähnlich wie bei echten Vögeln. ;-)

Aber anders? Mit dem Fisheye als einziger Brennweite am Flughafen, geht das gut?
Und dann nur Schwarzweiß?
Ich machte einen kleinen Selbstversuch.
Kurzfassung: es geht! Aber es kommen ganz andere Bilder dabei heraus. Was nicht unbedingt schlecht sein muss. 

Zum Hintergrund

Üblicherweise mache ich meinen Fotokurs alleine und in Eigenregie. (Hier geht es zu meinen Grundlagenkursen für Fotoanfänger)
Aber machmal werde ich auch von anderen engangiert. Und so war ich vor einigen Tagen bei einer spannenden Fototour als „Co-Trainer“ unterwegs. Foto Frankenberg aus Essen hatte zum Flughafen Düsseldorf eingeladen und es haben sich sehr viele Teilnehmer dafür interessiert und angemeldet.
Da man allen die Teilnahme ermöglichen wollte und andererseits für Fragen zur Technik oder zur Bildgestaltung ausreichend kompetente Ansprechpartner vor Ort sein sollten, wurde ich zur Unterstützung quasi als Co-Trainer engagiert. (Danke, hat viel Spaß gemacht!)

Was nehm‘ ich mit?

Ich war also nicht zum Fotografieren vor Ort, sondern zum Erklären. Aber natürlich habe ich trotzdem eine Kamera mitgenommen. ;-)
Doch diese sollte mir beim Erklären nicht im Weg sein, deshalb kamen „lange Tüten“ und große Gehäuse, die sonst bei dem Thema naheliegen würden, nicht in Frage.
Mit der kleinen Olympus geht das ja auch ganz prima ohne großes Gepäck. Und weil ich ja eh eigentlich kein „Telefotograf“ bin und mich die Flugzeuge selber auch gar nicht so sehr interessierten, habe ich dann auch eine etwas andere Brennweite mitgenommen – ein Fisheye.

Fisheye

Illustration zu Fisheye-Bodycap

(*) Kaum größer als ein Gehäusedeckel, das kleine Fisheye von Olympus

Schon seit einiger Zeit spiele ich immer mal wieder mit dem ultrakleinen „Bodycap“ Fisheye von Olympus(*). Bisher war das nichts ernsthaftes, aber man kommt auf andere Ideen. Und weil es so klein wie ein Gehäusedeckel ist, kann man das auch mal eben mitnehmen.
Aber dieses Objektiv hat durchaus auch ein paar Nachteile — vor allem die feste Blende 8.0 ist nicht immer optimal. (Und die Fokussierung verstellt sich manchmal zu leicht — zumindest an meinem Exemplar.)

Ich rechnete für den Flughafen zumindest am Abend aber mit wenig Licht und insgesamt schlechtem Wetter, deshalb habe ich in diesem Fall nicht das Bodycap-Fisheye mitgenommen, sondern ein 7,5 mm Fisheye von Wallimex(*) — vermutlich baugleich auch als Samyang und Rokinon und …. erhältlich.
Das Objektiv habe ich seit einigen Jahren an meinen mFT-Kameras für die Aufnahmen für Kugelpanoramen im Einsatz und bin bisher recht zufrieden damit.

Illustration zu "Fisheye Walimex"

(*) Das Walimex ist eigentlich sehr zierlich, im Vergleich zum Olympus „Gehäusedeckel“ ist es aber ein richtiger „Klopper“.

Was ist ein Fisheye?

Ein Fischeyeobjektiv dient in erster Linie dazu, riesige Bildwinkel abzubilden. Das können 180° Bildwinkel und auch deutlich mehr sein. Manche diese Objektive können also quasi nach hinten schauen.

Die damit entstehenden Fotos weisen dabei einige auffallende Besonderheiten auf. Die Art der Projektion der dreidimensionalen Umwelt auf die zweidimensionale Bildfläche unterscheidet sich ganz stark von der üblicher (rectilinear zeichnender) Objektive.

Während bei „normalen“ Objektiven primär gerade Linien im Bild weiterhin gerade bleiben sollen, geht es bei Fischeyeobjektiven hauptsächlich darum, sehr große Bildwinkel wiedergegeben werden.

Da dann 180° und mehr abgebildet werden, blickt man quasi nach links und rechts ins unendliche (nach oben und unten natürlich auch). Und diese Unendlichkeit muss in der endlichen Fläche des Fotos wiedergegeben werden.
Wie soll das klappen?

Illustration zu "Fisheye"

Mit überlappenden Bildern eines Superweitwinkelobjektivs (etwa 20mm an Vollformat, je ca. 85° Bildwinkel) kann man zwar 180° Bildwinkel wiedergeben, aber die von der jeweils unterschiedlichen Blickrichtung abhängigen Fluchtlinien lassen einen weichen Übergang zwischen den Bildern nicht zu.


Die Lösung ist relativ einfach, die Linien —und damit die von ihnen umgebenen Flächen — werden verformt dargestellt.  Je weiter entfernt ein Detail ist, desto kleiner wird es wiedergegeben. Unendlich weit entfernte Bereich an den Bildrändern werden deshalb auch unendlich klein im Bild wiedergegeben.

Beim Fisheyeobjektiv werden die Fluchtlinien quasi für jeden kleinen Teil des Bildes einzeln angepasst, so dass sich ein kontinuierlicher Übergang ergibt. Es entsteht die typische Zigarrenform für Linien, die nicht die Bildmitte kreuzen.
In diesem Ausschnitt aus einem Fisheyebild fallen die verformten Linien nur in horizontaler Linie deutlich auf, sie sind aber natürlich in jede Richtung vorhanden. Die Illustrationen stammen von meiner Kugelpanoramawebsite langebilder.de


Und schon passt alles wieder in die endliche Fläche des Bildes. Eigentlich simpel. Eigentlich. ;-)

Das ganze ist aber doch noch einiges komplizierter und lässt sich zum ersten Einstieg in der Wikipedia nachlesen.

Gestaltung mit dem Fisheye

Vordergrund
Die typischen Eigenschaften extremer Weitwinkel lassen sich natürlich auch bei Fisheyebildern bemerken. Wirklich nahe Details werden von ihnen betont groß dargestellt — was besonders auffällt, weil fernes dagegen winzig klein wird. Das erzeugt eine starke räumlich Tiefe in den Bildern.
Wenn man nah genug herangeht!
Die Bilder brauchen entweder einen deutlichen Vordergrund, der das Bild dominiert.
Oder sie müssen später im Verhältnis zum Betrachtungsabstand sehr groß (wirklich sehr! groß) präsentiert werden, so dass der Betrachter quasi gezwungen ist, in das Bild einzutauchen.
Wenn er dann von den Bilddetails umfasst wird und sie nach und nach mit den Augen abtastet, spielt die klassische Aufteilung in Vordergrund, Mittelgrund und Hintergrund nicht nur keine Rolle mehr, sondern sie könnte wegen der dann — in des Wortes wahrsten Sinne — unübersichtlichen Vordergründe sogar stören.

Übergroß
Bei solchen „übergroßen“ Bildern müssen natürlich viele Details klar erkennbar sein. Das stellt  hohe Anforderungen an die Objektive und die Auflösung der Kamera. Da können also  Megapixelriesen ihre Vorteile ausspielen.
Allerdings muss man dann berücksichtigen, dass die ganzen Megapixel nichts nützen, wenn sie nur unscharfen Matsch ablichten.
Die Berechnung von Schärfentiefe und Bewegungsunschärfe und Verwacklungsgrenze muss an die geänderten Anforderungen angepasst werden. 
Das kann unangenehme Konsequenzen in Bezug auf Beugungsunschärfe und Bildrauschen haben.
Denn wegen der gewünschten großen Schärfentiefe benötigt man sehr kleine Blendenöffnungen, das kann Beugungsunschärfe bedeuten. Und wegen der Verwacklungsgefahr wählt man sehr kurze Belichtungszeiten, der damit zusammenhängende Verlust an Licht kann nicht durch weiter geöffnete Blenden sondern nur durch hohe ISO-Werte ausgeglichen werden.
(Siehe den Text zum Thema Schärfentiefe und Megapixel. Und vielleicht hilft Dir ja mein Text (und Video) mit einer speziellen Aufnahmetechnik gegen Bildrauschen.)

Gerader Horizont
Zusätzlich zur deutlichen Dominanz des Vordergrunds weisen Fisheyeobjektive ja auch noch die typische Biegung eigentlich gerader Linien auf. Das kann viel Dynamik ins Bild bringen, aber auch verwirren.
Linien, die die Bildmitte bei der Aufnahme kreuzen bilden dabei eine Ausnahme, sie bleiben gerade. 

Das kann man verwenden, um zumindest einige wichtige Linien im Bild zu begradigen, zum Beispiel die Horizontlinie.
Wenn sie durch die Bildmitte führt, verläuft sie ganz gerade und bildet die Symmetrieachse für ober- und unterhalb des Horizonts verlaufenden waagerechte Linien.
Das gilt auch für die senkrechten Linien von Häusern und anderen Objekten. Wenn sie nahe der Bildmitte verlaufen bleiben sie gerade.

Gedacht hatte ich an eher grafisch-dynamische schwarz-weiß Bilder, mit Reflexionen auf dem regennassen Asphalt. Meine Aufgabe würde mir zwar vermutlich nicht wirklich viel Zeit zum Fotografieren lassen, aber das ein oder andere Bild sollte wohl doch möglich sein.

Zwar hat dann der Regen für die Reflexionen — leider bzw. glücklicherweise :-) — gefehlt, doch Motive gab es auch so.
Aber das waren eben ganz andere, als auf dem Flughafen üblich, denn das Fisheye braucht nahe Vordergründe.
Und wir waren zwar recht nah an den startenden und landenden Passagiermaschinen (verdammt laut war es), aber für das Fisheye waren sie trotzdem zu weit entfernt. Da hätte ich deutlich längere Brennweiten benötigt.

Also habe ich mir, soweit das neben meiner eigentlich Aufgabe ging, andere Motive gesucht und so zumindest einige Fotos gemacht.

Schwarzweiß

Von vornherein war klar, dass das Bilder in kräftigem Schwarzweiß werden würden. Ich wollte in erster Linie und Flächen betonen, da passte mir bunt nicht ganz so gut. 
Die Kamera stand auf Bildstil „monochrome“ und speicherte in RAW plus JPEG, so dass ich ein schwarzweißes Vorschaubild erhielt, aber  hinterher trotzdem noch alle Möglichkeiten zur Verfügung hatte, um die Farben individuell in Grautöne umzusetzen.

Auf die Art kann ich dann später am Computer noch nachträglich die Schwerpunkte mittels  Hell-/Dunkelverteilung anders legen. Anders, als es bei der Umsetzung nur durch die Kamera der Fall wäre. Ich erhalte so meine SW-Fotos und nicht die meist einfach nur farblosen Ausarbeitungen des Kameracomputers.

Farbe nach Schwarzweiß, wie geht das?

Wenn die Farben verloren gehen, gehen auch die Farbkontraste verloren. Und falls der blaue Himmel so hell ist wie die grüne Wiese und der farblose Asphalt, dann geht die durch die Farben deutliche Trennung dieser Flächen bei einer Entfärbung des Bildes evtl. verloren. Dumm gelaufen.

Als Schwarzweißfotograf hat man deshalb in der analogen Welt bei einer Aufnahme auf SW-Film häufig spezielle Farbfilter verwendet. Ein roter Filter blockiert dann den blauen Anteil des Lichtes mehr oder weniger stark. Der Himmel wird dunkler abgebildet.
Wenn jetzt noch ein Gelbanteil in den Filter kommt (er also orange wird), kann der gelbe Anteil des Wiesengrüns sich stärker Auswirken, grüne Wiese wird dadurch heller.
Auf diese Art kann man einen Farbkontrast mehr oder weniger gut/stark zu einem Helligkeitskontrast wandeln. 

Illustration zu Schwarweißfotografie

Apfel in Farbe und SW, drei Varianten. Oben rechts automatisch umgewandelt, unten links mit Gelbgrün gefiltert, unten rechts mit Rot. So sind deutlich unterschiedliche Varianten möglich, die den Farbkontrast in einen Helligkeitskontrast umwandeln („Roter Apfel auf grüner Wiese“ bleibt aber natürlich trotzdem in erster Line ein klassisches Farbmotiv).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Mehr dazu in diesem Text (und Video) zum Thema digitale Schwarzweißfotografie  hier im Blog.

 

Motive

Flugzeuge gingen nicht, also mussten mangels anderer Objekte in erster Linie Gebäude und Details „dran glauben“. Das ging speziell zu Anfang auf der Besucherterrasse ganz gut. Aber natürlich nur „mal eben zwischendurch“.
(Da lässt sich auf jeden Fall noch mehr machen — speziell wenn man „Street“-artig die andern Besucher in die Gestaltung mit einbezieht.)

Illustration zu "Besucherterasse Flughafen Düsseldorf"

Illustration zu "Besucherterrasse Flughafen Düsseldorf"

 

Auf dem Vorfeld gab es dann einen kurzen Besuch bei der Flughafen-Feuerwehr mit ihren neuen L̦schfahrzeugen. Ziemlich beeindruckende Technik Рund durchaus auch zum Anfassen.

Illustration zu "Feuerwehr Flughafen Düsseldorf"

Feuerwehr Flughafen Düsseldorf


An den anderen „Fotopoints“ auf dem Vorfeld des Flughafens  war es dann für mich mit der drastisch eingeschränkten Brennweite aber doch eher uninteressant — fürs Fotografieren mit Fisheye.

Der Aufenthalt zwischen den startenden und landenden Maschinen ist natürlich richtig beeindruckend, aber außer den Flugzeugen gibt es da ja quasi nur flache Ebenen aus Wiesen und Asphalt in der Nähe.
Das gibt dann nicht so sehr viel her fürs Fisheye. Falsche Brennweite halt, aber ich hab es ja so gewollt. War ja auch nur ein Experiment.

Illsutration zu "Auf dem Vorfeld"

Auf dem Vorfeld des Flughafen Düsseldorf

Und so blieben fürs mich dann nur noch die umstehenden Fotografen als Motive. Aber ich hatte an dem Tag ja auch eigentlich ganz andere Aufgaben. ;-)

zum Fotokurs

AKTUELL

Der nächste Termin für meinen zweitägigen Grundlagen-Fotokurs (Zeche Zollverein) ist am Wochenende
06.04.24/07.04.24 (Sa./So.).

Spätere Termine sind natürlich auch schon verfügbar.




-1

Fazit

Ich muss da unbedingt nochmal (nur) zum Fotografieren für ein paar Stunden hin. Wieder mit Fisheye (evtl. ergänzt um ein starkes Weitwinkel) und auch wieder in SW. Dann möchte ich speziell auch in den Innenbereichen und auf den Wegen fotografieren. Und Regen wäre auch kein Hindernis. 

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Illustration Kaffeetasse


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