Was kommt zuerst? Blende? Belichtungszeit? ISO?

Illustration Pseudosolarisation zum Thema Belichtungseinstellung

Blende? Belichtungszeit? Würfeln?

(Akt.: März 2023) Zu Anfang ist es für viele schwierig zu entscheiden, in welcher Reihenfolge man bei der Einstellung der Belichtung am besten vorgehen sollte.
Was stellt man am besten zuerst ein?
Die Blende?
Die Belichtungszeit?
Die Empfindlichkeit (ISO)?
Mit welcher Einstellung geht es los?

Diese Überlegungen müssen auch dann erfolgen, wenn mit einer Automatik fotografiert werden soll. Denn auch dort geht es um die Abwägung der Entscheidung zwischen Blende und Zeit (und ISO).

Die richtige Reihenfolge von Blende, Belichtungszeit und ISO hängt stark von der Gestaltung des Bildes, von der gewünschten Wirkung des Bildes ab. Denn es geht bei der Belichtung ja nicht nur darum, die Helligkeit des Bildes festzulegen.

Vielmehr spielen diese Werte auch ein entscheidende Rolle bei der Gestaltung und Wirkung des Bildes.

Verwackelt, verwischt, Schärfentiefe, Mitzieher, Freistellen, Rauschen – für den Einsteiger sind die Optionen zu Anfang ziemlich unübersichtlich. Und wer sich nicht von der Vollautomatik oder den Szenenprogrammen trennt, wird die Ãœbersicht auch nicht so schnell gewinnen.

Diese Abhängigkeit von den Automatiken ist vermutlich auch nicht ganz unerwünscht.
Die Fotoindustrie verdient seit Jahren gut daran, unwissenden Kunden immer neue Kameras mit immer neuen Automatiken zu verkaufen. Da ist es ja schon ganz praktisch, wenn die Leute weiterhin glauben, es wäre kompliziert. Würden sie das Fotografieren verstehen (Gott bewahre!), würden vermutlich deutlich weniger Kameras gekauft werden.

Aber eigentlich sind die grundlegenden Entscheidungen doch ganz einfach. Du kannst Dir sogar eine Art Ablaufplan erstellen, der Dir gerade am Anfang Deiner Fotografie hilft, nichts zu übersehen.

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Vor der individuellen Belichtungseinstellung

Wenn es losgehen soll mit dem nächsten Fotoausflug, gilt es zuerst ein paar von der jeweils nötigen Belichtungseinstellung unabhängige Werte zu kontrollieren.
Speziell dann, wenn die Kamera ein paar Tage unbenutzt herumgelegen hat.
Denn je nachdem, was Du zuletzt fotografierst hast, ist die Kamera für die kommenden Aufnahmen völlig unpassend voreingestellt.

Vielleicht steht die Empfindlichkeit von der letzten Party noch auf ISO 3200. Das wäre für die Landschaftsfotos bei der sonnigen Dünenwanderung viel zu hoch und würde so unnötigerweise zu hohem Rauschen führen.

Im günstigsten Fall fällt es Dir noch vor dem ersten Foto auf und Du benötigst nur etwas Zeit, um die Einstellungen anzupassen.
Im ungünstigsten Fall merkst Du es erst nach dem Urlaub, wenn Du Dir zuhause die Bilder ansiehst. Dann ist das Kind in den Brunnen gefallen und oft lässt sich ohne Qualitätsverlust nichts mehr machen.
Wenn überhaupt noch ‚was geht.
Deshalb solltest Du Dir angewöhnen, ein paar grundlegende Einstellungen vorab zu kontrollieren

Kontrolle vorab

Die folgende Liste stammt zum Teil aus eigener leidvoller Erfahrung und zum Teil aus der Konfrontation mit völlig verstellten Kameras der Teilnehmer meiner Fotokurse.

Überprüfe folgende Punkte:

  • Speicherkarte vorhanden und leer? [Film eingelegt? ;-) ] (Lies auch hier.)
  • Akku geladen?
  • Bei Automatik: Auto-ISO aktiviert?
  • Bein manueller Belichtungssteuerung: Auto-ISO deaktiviert?
  • Weißabgleich z.B. auf Automatik (AWB) und nicht noch auf irgendwelchen Phantasiewerten?
  • Kamera unerwünscht auf Dauerfeuer im Serienbildmodus?
  • Versehentlich noch AEB (Bracketing für HDR-Aufnahmen) aktiviert?
  • AF eingeschaltet?
  • Im richtigen AF-Modus? (One-Shot/AF-S/S oder AF-Servo/AF-C/C, je nach Motiv)
  • AF-Felder sinnvoll vorgewählt?
  • RAW statt (oder plus) JPEG (zum Thema RAW)
  • Wenn doch JPEG: richtige Bildgröße und -qualität?
  • Sind versehentlich noch irgendwelche ungewöhnlichen Bildstile oder „Art-Filter“ aktiviert?
  • ….      Platz für eigene Notizen ;-)

Grundlegend

Und was stellt man dann beim Motiv ein? Nun, das kommt drauf an. ;-)
Ich gehe bei meiner Überlegung in der Regel von meiner Idee/Vorstellung des späteren Bildes aus, dann kann ich die Entscheidungen leichter treffen. Dabei geht es um verschiedene Bereiche der Fotografie.

Zum einen spielen motivbezogene Überlegungen eine Rolle, die speziell den Standort (u.a. die Aufnahmehöhe) und den Aufnahmezeitpunkt des Bildes betreffen.
Zum anderen bedingen unterschiedliche Bildideen in technischer Hinsicht unterschiedliche Aufnahmeweisen, z.B. für Blende und Belichtungszeit.

Dabei dreht es sich vor allem um die Gestaltung, also um die Frage: „Wie soll das Bild später aussehen?“
Die Einstellungen für das Foto werden von der Bildidee bestimmt, nicht vom Belichtungsmesser.

  • Spielt Bewegung eine Rolle? Wie soll sie dargestellt werden?
  • Was ist mit der räumlichen Tiefe im Bild? Soll mit der Schärfentiefe Ordnung geschaffen werden und Wichtiges von Unwichtigem getrennt werden? Oder sollen voneinander entfernte Motivdetails mittels einer durchgängigen Schärfe miteinander verbunden werden?
  • Was ist mit der Darstellung der Räumlichkeit im Foto?
    Soll die Räumlichkeit mit einer Aufnahme aus der Nähe mit Weitwinkel betont werden? Soll sie aus größerem Abstand und mit längerer Brennweite verdichtet werden? Ist das Bild  Werbung für einen Jaguar Typ E, dessen lange Motorhaube noch betont werden soll? Oder für einen Smart, der im Bild richtig kurz aussehen soll?
    (Auf diesen Punkt werde ich im folgenden nicht weiter eingehen, du kannst Dir gerne einen Beitrag von mir zur meist völlig unterschätzten Auswirkung von Abstand und Brennweite. durchlesen)

Belichtungseinstellung

Viele Einsteiger stehen gerade bei der Belichtung wie der berühmte Ochse vor dem Berg und wissen nicht, wie und wo sie anfangen sollen. Blende? Zeit? ISO?
Woher sollen sie das auch wissen,  sie sind ja noch ganz neu in dem Thema.
Geht Dir das auch so?
Keine Sorge, so schwierig, wie es auf den ersten Blick erscheint, ist das gar nicht.
Die Entscheidungen zur Belichtung kannst Du recht einfach treffen, Du musst das nur auf drei zentrale Überlegungen reduzieren.

1. Entscheidungen fürs bewegte Motiv

Frage Dich, ob bei Deiner Bildidee für das Motiv die Bewegung eine Rolle spielt.

Drei unterschiedliche Arten Bewegung (nicht) darzustellen.

Falls Du das mit Ja beantwortest, musst Du die Belichtungszeit festlegen. Denn damit entscheidest Du, ob die Bewegung verwischt (evtl. mit Mitzieher) oder eingefroren dargestellt wird.

Automatik
Wenn Du eine Automatik verwenden willst, machst Du das per Zeitvorwahl. An den meisten Kameras ist das die Einstellung auf T oder Tv oder S. Die Helligkeit musst Du dann evtl. noch mit der Belichtungskorrektur anpassen.

Manuell
Falls Du manuell die Belichtung steuern möchtest, legst Du einfach die gewünschte Belichtungszeit fest.
Dazu wählst Du mit Hilfe des Belichtungsmessers und/oder Deiner Erfahrung die bei der jeweiligen Beleuchtung des Motivs und zu Deiner Bildidee passende Blende und Empfindlichkeit. (Du kannst die Clippinganzeige und das Histogramm zur Kontrolle der Belichtungzu verwenden.)

Illustration zum Thema Belichtungseinstellung: Einstellrad für Belichtungszeiten.

Typisches Einstellrad für die Belichtungszeiten. Hier von einer Canon EF, dem Vorläufer der legendären A1.

Falls die Bewegung für die Bildgestaltung dieses Motivs keine Rolle spielt, ignorierst Du die Belichtungszeit fürs Erste und fährst einfach mit dem nächsten Punkt fort.

2. Schärfentiefenwahl

Illustration zur Schärfentiefe

Illustration zur Schärfentiefe

Überlege, ob die Schärfentiefe für Deine Bildidee wichtig ist.

Soll die Ausdehnung der Schärfentiefe besonders groß oder besonders klein sein?
Dann brauchst Du als ersten Schritt der Belichtungseinstellung die dazu passende richtige Blendenöffnung.
Mit einer großer Blendenzahl erhältst Du eine größere Schärfentiefe — größer, als Du sie mit einer kleineren Blendenzahl erreichen würdest.

Wenn Du automatisch fotografieren willst, legst Du den  zu Deiner Bildidee passende Blendenwert am besten  in der Blendenvorwahl fest. Diese (Halb-) Automatik heißt an den Programmwahlrädern der Kameras meist A oder Av.
Die Kamera wählt dann die zur Blende passende Belichtungszeit (und evtl. auch die passende Empfindlichkeit (ISO).
Die Belichtung kannst Du zum Abschluss mit der Clippinganzeige und dem Histogramm kontrollieren.
Wenn nötig kannst Du die dann noch mit der Belichtungskorrektur anpassen.

Der typische Blendenring eines älteren Nikon Objektivs

Manuell legst Du zuerst die zu Deiner Bildidee passende Blendenöffnung fest.

Dann wählst Du mit Hilfe des Belichtungsmessers und/oder Deiner Erfahrung die bei der jeweiligen Beleuchtung des Motivs und zu Deiner Bildidee passende Belichtungszeit und Empfindlichkeit.
Falls z.B. die Bilder in der Folge verwackelt werden, brauchst Du zu Deiner Wunschblende eine kürzere Belichtungszeit. Dadurch würden die Bilder aber evtl. zu dunkel und es wird so ein höherer ISO-Wert nötig
Die Belichtung kannst Du zum Abschluss natürlich auch manuell mit Clippinganzeige und Histogramm kontrollieren.
Falls nötig, kannst mit Änderungen von Belichtungszeit und Empfindlichkeit die Helligkeit beeinflussen. (Die bei den Belichtungsautomatiken notwendige Bleichtungskorrektur gibt es bei der manuellen Belichtung ja nicht, weil der Fotograf direkt auf die relevanten Werte zugreifen kann.)

3. Sonderfall 

Gerade im Bereich Landschaftsfotografie und ähnlichen Motiven gibt es aber auch Situationen, wo die Blende für die Schärfentiefe gar keine so sehr große Rolle spielt.

Warum die Blende für die Schärfentiefe manchmal unwichtig ist

Die Schärfentiefe wird beeinflusst von der Blende, aber auch vom Aufnahmeabstand, vom Bildwinkel (Brennweite) und von der Sensorgröße.

  • Große Aufnahmeabstände führen zu großen Schärfentiefenbereichen.
  • Große Bildwinkel (kurze Brennweiten) führen zu großen Schärfetiefen.
  • Kleine Sensoren führen zu großen Schärfentiefen.

Wenn Du mit einer Kamera mit verhältnismässig kleiner Sensorfläche aus großem Abstand und mit großem Bildwinkel fotografierst, ist die Wahrscheinlichkeit recht groß, dass Du auch schon bei relativ kleineren Blendenzahlen einen bereits ausreichend großen Schärfentiefebereich erhältst.

Siehe auch das Thema hyperfokale Distanz in meinem kostenlosen Fotolehrgang.

Wenn Du Dich dafür interessierst, ist evtl. auch mein Text „Entfernung einstellen – mal anders“ nützlich für Dich.

Wenn (im Verhältnis zur Brennweite) alle wichtigen Details des Motivs schon recht weit entfernt sind, liegen sie evtl. alle auch schon bei kleinen bis mittleren Blendenzahlen im Bereich der Schärfentiefe. Du musst in so einer Situation dann gar keine besonders großen Blendenzahlen vorwählen.
In diesem Fall geht es weiter mit der nächsten Überlegung.


4 thoughts on “Was kommt zuerst? Blende? Belichtungszeit? ISO?

    1. Tom! Beitragsautor

      Hallo Claus, die wird es ganz bestimmt gebe, es kommt ja immer mal wieder was neues (über 400 Beiträge in 5,5 Jahren). Gibt es denn etwas, was Dich besonders interessiert?

      Antworten
  1. Bruno Becker

    Hallo, es gibt sicher noch viele andere Punkte, aber 2 Scheinen mir aus Erfahrung erwähnenswert: Stabilisator und Spiegelvorauslösung.
    Gruß aus HH

    Antworten
  2. Pingback: Canon A1 - Der Husten ist weg

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